BMW M 135i xDrive - Fanaticar Magazin
Es muss höllisch in ihm gekocht haben, im Fahrer des tiefergelegten Proll SL vor mir. Seine Blicke streiften mich rasiermesserscharf, als ich mich schlussendlich von dem Katz-und-Maus-Spiel verabschiedete und ihm mein Heck präsentierte. Sein Ego war sichtlich gekränkt – schließlich war er es, der den Sportwagen fuhr, und ich der mit dem popeligen 1er BMW. Vielleicht hat ihn ja der Blick auf das Heck wieder ein wenig besänftigt. Dort steht nämlich dick und fett „M135i“. Und mit dieser Variante ist wahrlich nicht zu spaßen.

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Er ist der Letzte seiner Art. Sechs Zylinder in einem kompakten Hatchback, das traut sich heute leider niemand mehr. VW schwor beim Golf mehrere Generationen lang auf den fabelhaften VR6, doch der wurde aufgrund immer strenger werdender Abgasbestimmungen eingestampft und durch einen nicht minder durstigen Zweiliter-Vierzylinder-Turbo ersetzt. Mercedes hat sich bei der neuen A-Klasse gleich dieser Thematik entledigt und sich von AMG direkt ein Vierzylinder-Aggregat auf sage und schreibe 360 PS hochzüchten lassen. Audi setzt zum Glück noch (!!!) auf den charismatischen Fünfzylinder-Turbo im RS3, aber ob der Nachfolger ebenfalls mit diesem exotischen Motor auf den Markt kommt, ist ebenso wie beim heiß ersehnten Nachfolger des Ford Focus RS eher fraglich. Weicheier!!! BMW M 135i xDrive - Fanaticar Magazin
Das Design der aktuellen 1er-Generation ist nach wie vor nicht jedermanns Geschmack. Dabei hat man sich bei BMW sichtlich Mühe gegeben, dem 1er mehr Dynamik auf den Leib zu schneidern. Dank der M-Verspoilerung werden die überdimensionierten Frontlichter in ihrer Entfaltung ein wenig entschärft. Enttäuschend kommt der Hintern daher, er wirkt beliebig und wurde während des Testverlaufs des Öfteren als „Polo-Heck“ beschimpft. Einzig die zwei verchromten Endrohre lassen vermuten, dass hier etwas mehr dahinter steckt. Immerhin ist der berühmte Hängebauch der vorherigen Generation nun Geschichte. In den Radkästen kommen serienmäßig 18 Zoll große M-Leichtmetallräder mit Mischbereifung zum Einsatz. Direkt hinter den Doppelspeichenfelgen sorgt die M-Sportbremsanlage bei Bedarf für schnelle Bremsmanöver.

Der Innenraum präsentiert sich gewohnt aufgeräumt und durchdacht. Das dick umlederte Lenkrad lässt sich dabei großzügig in Höhe und Tiefe verstellen. Die Instrumente sind gut ablesbar und das optionale hochauflösende 8,8 Zoll-TFT-Display bietet nicht zuletzt dank der Splitscreen-Funktion eine große Vielfalt an individuellen Einstellmöglichkeiten.BMW M 135i xDrive - Fanaticar Magazin
Besonders positiv zu erwähnen sei hierbei das zum ersten Mal von mir getestete I-Drive der neuesten Generation. Mit dem Touchpad auf dem Controller lassen sich einige Funktionen noch schneller bedienen. Im Browser-Modus dient es sogar als adäquater Maus-Ersatz. Nach wie vor als ziemlich überflüssig und zeitintensiv entpuppt sich – wie auch schon bei Audi und Mercedes – die Navigationseingabe per Handschrifterkennung. Wer sich einmal von der grandiosen Sprachführung überzeugt hat, wird dieses System nicht mehr missen wollen. Schneller geht es nicht.

Unter der Haube werkelt ein Dreiliter-Reihensechszylinder samt Turboaufladung.
Ein Manko hat das Ganze dennoch. Im Gegensatz zum -schwärm- BMW 1er M-Coupé und dem Z4 sDrive35is darf hier nur noch ein Turbolader mit neuester Twinscroll-Technologie sein Werk verrichten. Der Motor reagiert zwar immer noch sehr spontan, doch fehlt es ihm rein subjektiv gesehen unten herum auch im Sport+ Modus ein wenig an der souveränen Leistungsentfaltung, die eben durch den zweiten Turbolader bewerkstelligt wurde.BMW M 135i xDrive - Fanaticar Magazin
Doch bei einer Leistung von 235 kW/320 PS und einem Topspeed von 250 km/h ist das eher ein sehr kleines Mimimimi meinerseits. Und spätestens, wenn der obligatorische Sound des Reihensechsers einsetzt, ist jegliche Meckerei vergessen.

Die Kraftübertragung übernimmt eine flotte Achtgang-Sport-Automatik. Fans der manuellen Schaltkulisse ziehen bei der x-Drive-Variante leider den Kürzeren, die gibt es nämlich nur in der regulären hinterradgetriebenen Variante. Damit geht es dann in 4,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Dazu lassen sich verschiedene Fahrmodi von Eco bis Sport+ einstellen, die wiederum das optionale adaptive Fahrwerk, Gasannahme und Schaltvorgänge dementsprechend optimieren.BMW M 135i xDrive - Fanaticar Magazin
Wer großen Wert auf absolute Traktion legt, ordert sich optional das xDrive-Allradsystem von BMW dazu. Das permanente Allradsystem regelt im Normalfall über eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung 60% auf die Hinter- und 40% auf die Vorderachse. Bei Bedarf leitet das System in Kombination mit dem Fahrstabilitätssystem DSC die Kräfte blitzschnell auf die Seite, die am meisten Unterstützung benötigt. Zusätzlich sorgt das System für ein neutrales Fahrverhalten, indem es die Tendenz zum Unter- beziehungsweise Übersteuern dank intelligenter Verlagerung frühzeitig verhindert.

Das klappt im Normalfall recht gut, führt bei harter Fahrweise jenseits der Ideallinie jedoch trotzdem irgendwann zum obligatorischen Untersteuern. Dieser Grenzbereich muss aber erstmal erfahren werden, und bis dahin gibt sich der Top-1er lammfromm und lässt sich dank der direkten Lenkung auch präzise ums Eck manövrieren. In der Mittellage kommt ein wenig Spiel zum Vorschein, was der Alltagstauglichkeit zugute kommt. Der M135i erhebt auch nicht den Anspruch, ein Sportwagen zu sein, sondern eben ein verdammt schneller Kompaktwagen mit sportlichen Ambitionen. Und zwar so sportlich, dass manch ein Sportwagen beim Ampelrennen richtig ins Schwitzen kommt. BMW M 135i xDrive - Fanaticar Magazin
Wer sich also mit dem M135i xDrive anlegen möchte, sollte wissen, wen er da vor – oder (noch) neben – sich hat. Denn das Allradsystem beschäftigt sich nicht mit solchen Spielereien wie Traktionsverlust. Ist das Gaspedal durchgedrückt, gibt es für den sportlichen Hatchback nur noch eins: den absoluten Vorwärtsdrang. Der Verbrauch hielt sich trotz flotter Fahrweise mit 11,4 Litern in einem sehr humanen Bereich. Im Alltag sollte der M135i xDrive locker mit einem Verbrauch von unter 10 Litern auskommen.

Fazit: Dieses Auto gehört zu den wenigen Vertretern der Gattung Wolf im Schafspelz. Denn während man bei einem Audi S oder RS schon auf Meilen gegen den Wind die Boshaftigkeit unter der Haube erahnen kann, schleicht sich der M135i in seinem ach so unschuldigen Business-Gewand an sein Opfer heran, um es dann zu Tode zu hetzen. Wer es sich leisten kann, knapp 60.000 Euro für einen voll ausgestatteten 1er hinzulegen, sollte zugreifen. Er wird wohl der Letzte seiner Art sein, und das sollte man sich nicht entgehen lassen.

Leistungsdaten 2013 BMW M135i xDrive

Motor

R6 mit TwinPower Turbo

Hubraum

2979 ccm

Leistung in kw / PS

235 kW / 320 PS

0 auf 100 km/h

4,7 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit

250 km/h (elektronisch abgeriegelt)

maximales Drehmoment

450 Nm

Gewicht

1.595 kg

Antriebsart

Allrad

Kraftübertragung

8-Gang Sport Automatic Getriebe

Länge / Breite / Höhe

4.324 mm / 1.984 mm / 1.421 mm

Kofferraumvolumen

450 l

Durchschnittsverbrauch (NEFZ)

7,8 l / 100 km

Tankinhalt

52 l

Co2 Emissionen

182 g/km (Euro 5)

Preis

ab 44,750 inkl. MwSt.

mehr Infos

http://www.bmw.de

gefahrene Kilometer

2.535 Kilometer

Alltagsverbrauch

11,4 l/100 km

Testwagenzeitraum

14 Tage

Credits: 

Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures

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