Wettbewerb belebt das Geschäft – so heißt es. Aber schaut man mal auf den deutschen Premiummarkt, wird alles außerhalb von Audi, BMW und Mercedes allenfalls geduldet. Schade irgendwie, denn so verpasst manch einer die Chance, sich den Lexus RX450h L mal genauer anzuschauen.
Jetzt könnte man sagen, mit einem Basispreis von 67.000 Euro ist der Japaner schon recht happig geraten, ist ja schließlich kein deutsches Premiumprodukt. Aber schon in der Basis lässt der Lexus ein Feuerwerk an Features zu, das sonst nur per Aufpreis zu bekommen ist. Und wer die volle Hütte erleben möchte, wird in der Luxury Line mit allen Optionen gerade mal an der 85k Grenze nagen.
Was macht ihn denn nun so besonders? Nun ja, zum einen der absolute Exotenstatus. Lexus hält sich hartnäckig auf dem deutschen Markt, auch wenn der Anteil hierzulande eher verschwindend gering ist. In den USA hingegen ist gerade der wirklich nicht unattraktive RX ein echter Bestseller – und genau dort wurde immer häufiger eine geräumigere Variante gefordert. Lexus hat sich dem angenommen, das SUV elf Zentimeter in die Länge gestreckt und ihm zudem noch eine dritte, elektrisch versenkbare Sitzbank verpasst.
Um es direkt abzuhaken… …die dritte Sitzbank taugt nur für den kleinen Nachwuchs – und um jemanden mächtig zu ärgern. Mehr als Notsitzstatus darf man hier nicht verlangen. Sind die Sitze aber im Boden verschwunden, merkt man, wieviel Platz der Kofferraum nun dazugewonnen hat, der sich durch das Umklappen der verschiebbaren Fond Rücksitzbank nochmals auf bis zu 1.656 Liter erweitern lässt.
Und hey, ich musst gerade spontan umziehen – und er hat mächtig geschluckt. Schlucken tut aber nur der immense Kofferraum, denn der Vollhybrid RX450h gibt sich wie auch in allen Sechzylinder-Hybrid-Varianten als absolutes Vorbild. Sein Vorteil? Im Gegensatz zur hochgelobten Plug-In-Hybrid Konkurrenz geht ihm der Saft auf Langstrecke nicht sofort aus, der Akku wird permanent und bei jeder Gelegenheit wieder geladen was ihm fast permanent die Möglichkeit gibt, die Systemleistung von 313 PS optimal auszunutzen.
Hier ist nämlich der große Nachteil beim Plug-In-Hybrid. Dessen Prinzip funktioniert im urbanen Umfeld zwar gut und emissionslos, jenseits der 100 km/h Marke beziehungsweise auf der Langstrecke machen die Akkus oft sehr schnell schlapp und die oftmals untermotorisierten Benziner-Luftpumpen fangen das saufen an. So kann ein Mercdedes-Benz C 350e der in urban mit 5 – 6 Litern auskommt auf der Autobahn problemlos das doppelte verbrauchen.
Der Lexus RX450h L gibt sich in der Stadt mit einem Normalverbrauch von 7 – 9 Litern recht kommod und auch auf der Autobahn mit Vollgas (der RX450h L wird bei 180 km/h abgeriegelt) stieg der Verbrauch nur kurz über die 12 Liter Marke. Kaum in München angekommen, dauerte es auch nicht mehr lange, bis der Verbrauch wieder im einstelligen Bereich landete.
Was ich damit sagen will: Lexus schafft es mit einem mittlerweile doch alten Konzept immer noch auf dem Level von aktuellen Plug-In-Hybriden zu kommen – und das ohne lästiges, kostenpflichtiges Nachladen an der E-Tankstelle. Lexus hat das Konzept von langestreckentauglichen Fahrzeugen mit Motoren, die im Team arbeiten, einfach besser im Griff.
Glücklicherweise gibt sich der RX 450h L nicht als Pseudo-Allradler und bietet zumindest einen Kompromiss an. Während der Benziner regulär die Vorderachse befeuert, schiebt die Elektrobatterie alle vier Räder an. Somit entfällt eine zweite, Platz verschwendene Antriebsachse im Heck und es kann Traktion gewährleistet werden. Da es direkt am zweiten Tag in München anfing, wie verrückt zu schneien, konnten wir das System gleich auf die Probe stellen.
Zwar ist hier und da zu spüren, dass die Vorderachse dominanter agiert, aber trotzdem sorgte der Elektroschub auf der Hinterachse für stabile Geradeaus-Traktion. Ob ich nun damit in die Alpen fahren wollen würde… …keine Ahnung. Für Wind und Wetter ist der RX450h L aber auf jeden Fall gerüstet.
Beim Komfort gibt sich Lexus keine Blöße. Rundherum in Leder eingehüllt und mit feinsten Materialien versorgt, offenbart das in die Tiefe eingebaute LCD-Display alle wichtigen Multimediafunktionen. Sound satt gibt es über das Mark Levinson Hi-Fi-System und ein Head-Up-Display ist auch dabei. Was er leider nicht kann, ist Apple Car-Play beziehungsweise Android Auto.
Das nervt mich schon ein wenig und wirkt auch ein wenig arrogant, denn mittlerweile sind diese Systeme eigentlich in jedem neuen Automobil regulär verfügbar. Aber: Lexus hat dies nun auch eingesehen und bietet Apple Car Play nun auch in allen neuen Generationen an. Gerade nochmal Schwein gehabt.
Dennoch wäre es an Lexus, sich dem Bediensystem nochmal neu anzunehmen – das geht besser. Auch wäre ein Stau-Assistent und ein sanfter regelndes Distance-Control-System durchaus von Vorteil. Leiden tut auch die Rundumsicht im Bereich der mächtigen D-Säule. Und die Lenkung könnte deutlich mehr europäisches Feedback vertragen. Immerhin sorgt das Einpark-System mit 360 Grad View dafür, dass sich beim Rangieren keine Schweißtropfen bilden.
Fazit: Der Lexus RX 450h L ist ein feines Auto, der hierzulande deutlich mehr Beachtung verdient hätte. Gerade die Lang-Variante überzeugt durch ein familientaugliches Kofferraumvolumen und ausreichend Beinfreiheit in der zweiten Sitzreihe, damit Papas und Mamas Rücken geschont werden. Und sollte noch mehr Nachwuchs anstehen, ist man mit der dritten Sitzreihe zumindest fürs erste versorgt.
Interessant wäre hier eventuell auch eine Business-Variante mit zwei Einzelsitzen im Fond. Aber vielleicht gibt es die schon irgendwo in China, Russland oder den USA, denn hierzulande wird nicht jede Version angeboten. Wer eine gute Alternative zum Diesel sucht, ist hier bestens aufgehoben – genauso wie für den Umzug. 😉
Credits
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
Technische Daten Lexus RX 450h L
Motor | V6 |
Hubraum | 3.456 |
Systemleistung | 313 PS (230 kW) |
Getriebe | CVT |
Beschleunigung 0 auf 100 km/h | 8,0 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Preis | ab 67.000,00 Euro |
Teilen mit:
- Klick, um auf Facebook zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um über Twitter zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Pinterest zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Tumblr zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf LinkedIn zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klicken, um einem Freund einen Link per E-Mail zu senden (Wird in neuem Fenster geöffnet)
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.