Ende 2007, als die erste Studie des Lexus IS-F der Öffentlichkeit präsentiert wurde, war es höchste Zeit. Die seit 1989 bestehende Toyota-Tochter entwickelte sich nach einem grandiosen Start immer mehr in Richtung rentnerfreundliche Emotionslosigkeit. Es ist Akio Toyodas (Präsident von Toyota) Begeisterung für den Motorsport zu verdanken, dass Lexus seit 2008 auch mit sportlichen F-Modellen auftritt.
F steht dabei für die Geburtsstätte des IS-F, dem berühmten Fuji Speedway und das Higashi Fuji Technical Centre. Hier wird entwickelt und getestet, ehe es nach Europa auf die berühmte Nordschleife geht. Auch bei uns durfte sich der IS-F einem 3000 km langen Test stellen. Nach Meinung des Autors hätte es gerne noch länger gehen dürfen.
Selbstbewusst steht er da. Chefentwickler Yukihiko Yaguchi, der sich auch für den erfolgreichen Toyota Supra verantwortlich zeigt, gab dem IS-F einen maskulinen Auftritt, der aber nie zu aufdringlich wirkt. Auffälligstes Merkmal sind dabei die vier Endrohre, die an jeder Seite übereinander, statt nebeneinander, aufgereiht sind.
Die scharf geschnittene Motorhaube und das LED-Tagfahrlicht geben dem IS-F ein Gesicht, das schelmisch zu grinsen scheint. Auch die Seitenlinie gibt sich mit seiner breiten Schulterpartie, seitlichen Luftauslässen und breit ausgestellten Radhäusern äußerst selbstbewusst. Hier verrichten die von BBS exklusiv für den IS-F geschmiedeten 19-Zöller ihren Job, die von der hart zupackenden Sportbremsanlage zur Not auch prompt in den Stillstand versetzt werden können.
Im Innenraum herrscht Zwiespalt. Sehr viel Auswahlmöglichkeiten hat der Kunde nicht, denn die Vollausstattung ist Serie. Die Wahl bleibt ausschließlich, ob mit oder ohne Schiebedach. Die schicken Sportledersitze bieten einen guten Seitenhalt, die Kopffreiheit ist ebenso absolut ausreichend. Das Sportlederlenkrad fasst sich gut an und sorgt für präzise Lenkmanöver. Beim Rest des Interieurs fühlt man sich dagegen in die 90er Jahre versetzt. So schimmert nach wie vor die grüne LED-Uhr hässlich vor sich hin und auch der Blick auf den Rest der Mittelkonsole bringt nicht gerade Verzückung hervor.
Unpassende Zierelemente, verschiedenste Typografien auf den Druckknöpfen und ein veraltetes Navigationssystem bringen viel Unruhe in den Innenraum. Getoppt wird dies nur vom „überarbeiteten“ Cockpitdisplay, für das der verantwortliche Designer einen ordentlichen Tadel verdient hätte. Zwar mag das mittig positionierte Drehzahlinstrument gefallen, doch wirkt der Rest einfach lieblos dahin geschmettert. Immerhin kann die Anlage mit einem satten Sound punkten.
Doch der ganze Ärger scheint wie weggeblasen, sobald das 5-Liter-V8-Aggregat unter der kantigen Motorhaube zum Leben erwacht und das Gaspedal prompt gen Boden gescheucht wird. Dann attackieren 423 PS / 311 kW mit satten 505 Nm Drehmoment die Hinterachse. Ab ca. 3.800 U/min grunzt der IS-F fröhlich aus den Endrohren und erreicht die 100 km/h-Marke in nur 4,8 Sekunden. Somit ist er auf Augenhöhe mit dem BMW M3. Doch der ist im Gegensatz zum Lexus bei 250 km/h abgeriegelt. Der Japaner darf immerhin noch 20 km/h draufpacken.
Fernab der Autobahn blüht der Lexus IS-F erst richtig auf. Bevorzugt auf Rennasphalt lässt er sich am liebsten umher dirigieren. Das blitzschnelle Achtstufen-Getriebe mit Direktschaltfunktion leistet im manuellen Sportmodus einen guten Job. Griffige Schaltpedale aus Magnesium sorgen für zügige Schaltvorgänge. Bei hohen Drehzahlen wird der Fahrer optisch und akustisch zum nächsten Schaltvorgang aufgefordert.
Die sonst so technikverliebten Japaner verzichten im Gegensatz zur Konkurrenz auf das ganze adaptive, verstellbare Fahrwerkgedöns und liefern stattdessen gleich ein Top-Setup, das sowohl zum Kurvenbrettern als auch zum entspannten Reisen einlädt. Zusammen mit dem neuen mechanischen Torsen-Sperrdifferential geht der Lexus IS-F zügig ums Eck, lässt sich sogar vereinzelt zu einem kontrollierten Heckschwenk provozieren, ehe er prompt wieder in den neutralen Bereich übergeht. Die komplett deaktivierbare Elektronik lässt dabei auch ungeübten Fahrern mit sportlichen Ambitionen eine lange Reißleine, ehe sie fast unmerklich eingreift.
Fazit: Der Lexus IS-F hinterlässt insgesamt einen guten Eindruck. Man merkt mit jedem Kilometer, dass hier viel Know-how und Liebe zum Rennsport eingeflossen sind. Wer echten Fahrspaß sucht, ist mit dem Lexus IS-F goldrichtig aufgestellt. Dazu gibt es noch den Exotenstatus, denn trotz aller Bemühungen wird auch dieser Lexus in Europa nach wie vor eine Rarität auf dem Markt sein. Sehr schade, aber vielleicht würde ja ein wenig Aufmerksamkeit im Innenraum für mehr Absatz sorgen? Also, liebe Japaner: Packt es an!
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures / Lexus (Innenraum)
Technische Daten 2012 Lexus IS-F
Technische Daten | Details |
---|---|
Motor | V8 |
Leistung | 311 kW (423 PS) |
Antrieb | RWD |
Gewicht | 1775 kg |
Hubraum | 4969 cm³ |
Drehmoment | 505 Nm bei 5.200 U/min |
Beschleunigung 0 – 100 km/h | 4,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h (elektronisch abgeriegelt) |
Preis | ab 70.600,00 € |
CO2-Emission | 270 g/km |
Verbrauch (kombiniert) | 11,6 l/100 km |
Website | www.lexus.de |
Fanaticar Magazin | Fotos: MarioRoman Pictures / Lexus (Innenraum)