Er war mein letzter im Jahr 2011 und unser Erster im Jahr 2012: Der Lexus GS450h. Die erste voll hybride Limousine im Segment der oberen Mittelklasse. Mittlerweile doch ein wenig betagt wird er in diesen Sommer von einem komplett überarbeiteten Nachfolger abgelöst. Mit aggressiver Front und edlem Cockpit geht Lexus nun auch weg vom Detroit Schick in Richtung europäische Haptik. Zeit, Abschied zu nehmen.
Persönlich begleite ich Lexus schon seit Kindesbeinen mit einer gewissen nostalgischen Faszination. Als Lexus 1990 auf den deutschen Markt kam, war mein Stiefvater einer der ersten, der mit diesem Gefährt auf den deutschen Straßen umherfuhr und das als zuvor extrem überzeugten BMW Kunde. Auch war der Lexus LS400 damals eines der ersten Oberklasse-Autos, die ich nach Erhalt meines Führerscheins fahren durfte. Ich fühlte mich wie Gott in Frankreich. Doch man wird erwachsen und gerade in meinen Job hat man den direkten Vergleich ständig vor der Nase und wird dadurch auch auf die Schwachpunkte aufmerksam gemacht.
Design Lexus GS 450h : kann sich nach wie vor sehen lassen
Die dritte Generation des erstmals 1993 angebotenen GS soll die Design Sprache der „L-finesse“ verkörpern. Die Formgebung des GS450h kommt recht harmonisch zurückhaltend aber dennoch sportlich daher. Die vier Xenon Frontscheinwerfer im Chromgewand bringen Dynamik rüber ebenso der Coupé-artige Dachabgang im Fond bis hin zu dem sportlich gestalteten Heck. Im Alltag gibt es hier und da mal interessierte Blicke doch gerade in einer dunklen Farbe gibt sich der Japaner recht neutral. 2010 gab es ein Rundumfacelift. Neben dem deutlich markanteren Kühlergrill und den neu akzentuierten Rückleuchten mit größeren Abdeckungen kamen noch neu gestaltete 18-Zoll Leichtmetallräder dazu. Durch die fließenden Linien und einiger Optimierungen an der Karosserie wurde ein cw- Wert auf 0,27 erreicht.
Innenraum Lexus GS450h
Am Innenraum lässt sich am ehesten ausmachen, dass die Marke Lexus für den amerikanischen Markt konzipiert wurde. Alles ist drin, hinkt den Europäern optisch gefühlte 5 Jahre hinterher. Bei der unglaublich hässlichen LED Uhr in der Mittelkonsole sind es sogar grob geschätzte 10. Das 7-Zoll Touchscreen LCD Display glänzt nicht mit der höchsten Auflösung, lässt sich aber gut ablesen. Mit der etwas umständlich geratenen Navigationsführung muss man auch erst mal Freundschaft schließen. Rundherum prangern zwar ordentlich angeordnet, aber mit verschiedensten Typografien versehenen Funktionstasten.
Doch nicht alles wirkt hier altbacken. Durch die Opitron Instrumente mit edlen Leichtmetallziffernblättern lassen die Tachoinstrumente gestochen scharf ablesen. Über ein elektrochromatisches Glas wird die Transparenz der Display-Abdeckung und damit die Helligkeit der Instrumente den jeweiligen Sichtverhältnissen übergangslos angepasst, dies soll eine vorzeitige Ermüdung der Augen vorbeugen und rein objektiv gesehen klappt das auch gut. Statt des konventionellen Drehzahlmessers kommt eine Leistungsanzeige zum Einsatz, die den Fahrer über die momentane Leistungsabgabe des Hybridsystems informiert. Die Sitze wirken ebenfalls ansprechend und bieten eine große Vielfalt an Möglichkeiten der individuellen Sitzeinstellungen. Auch im Fond lässt es sich gut aushalten – ausreichend Kopffreiheit ist vorhanden. Die in der Ausstatungslinie „Luxury Line“ enthaltene Mark-Levinson 5.1 High End Anlage sorgt für ordentlich Druck auf den Ohren. Mit dem Facelift von 2010 kamen noch USB Unterstützung und ein 40 GB Lexus HDD-Navigationssystem dazu.
Klar, diese Generation hat immerhin schon 7 Jahre auf dem Buckel, aber bereits damals wusste man einen gut gestalteten Innenraum zu schätzen. Dennoch: Es sitzt alles fest an seinem Platz, die Qualitätsanmutung überließen die Japaner dann doch lieber den Amerikanern. Gleichwohl wird hier deutlich, dass die Zeit für den Nachfolger definitiv gekommen ist.
Motor und Getriebe
Unter der Haube pochen zwei Herzen. Die Kombination aus einem 296 PS (218 kW) 3,5 Liter V6 und 200 PS (147 kW) starken Elektromotor ergibt eine gemeinsame Systemleistung von 345 PS (254 kW). In Kombination mit dem stufenlosen Hybrid-Getriebe wird hier ordentlich Drehmoment ohne jegliche Verzögerung auf die Straße gebracht. Der V6 Verbrennungsmotor wurde eigens für das Lexus Hybrid Drive entwickelt. Die kombinierte Saugrohr- und Direkteinspritzung D-4s, sowie die variable Steuerung der Ein- und Auslassventile sorgen dafür, dass der Benziner optimale Verbrauchs- und Emissionswerte realisiert. Die volle Kraft von 345 PS wird bei 6.400/min erreicht, das maximale Drehmoment liegt bei 368 Nm.
Die zweite Antriebsquelle des GS 450h, der Elektromotor, unterstützt den Sechszylinder bei der Reduzierung des Spritverbrauchs aber auch beim Sprinten. Das Drehmoment-Maximum beträgt hier 275 Nm. Beide Systeme arbeiten bei Bedarf auch getrennt voneinander. Bei besonders leichtem Gasfuß geht es flüsterleise über den Asphalt. Neigt sich die Batterie nach gut 2-3 km dem Ende zu, schaltet sich der Verbrennungsmotor wieder automatisch dazu. Die maximal erreichte Geschwindigkeit mit reinem Elektroantrieb lag bei 80 km/h- mit sehr viel Geduld auf dem Gaspedal.
Das hat allerdings seinen Preis. Der Kofferraum verkümmert aufgrund des großen Platzbedarfs der Nickel Metallhybrid Batterie auf Kompaktklassenmaße. Ein gemeinsamer Urlaub mit der Familie könnte also aufgrund der geringen Platzverhältnisse äußerst interessant werden. Hier sollte der Interessent auf die reinen Benzinalternativen in Form des GS300 und GS460 zurückgreifen. Dass die Produktion der Batterien ein sehr aufwendiges Verfahren ist, sollte mittlerweile bekannt sein. Umso schöner ist, dass Lexus hier angibt die Batterien nach Ablauf des Fahrzeuglebens zu 100 Prozent wiederverwerten zu können.
Fahrverhalten: Geradeaus ist es am besten.
Der GS450h strebt vor allem eines an- ein komfortables Vorankommen. Und das erledigt er mit absoluter Bravour. Die Federung ist gut abgestimmt, die Sitzpolsterung sorgt auch nach Stunden auf der Autobahn nicht für einen leidgeplagten Rücken und die Lenkung lässt sich leichtgängig bedienen. Der Hybridmotor arbeitet Lexus typisch kaum wahrnehmbar und die Abdämmung tut noch ihr letztes, um dem Fahrer vom Alltagslärm abzuschirmen. Sogar die Unterbodenabdeckung wurde gummiert um die Geräuschentwicklung von Spritzwasser und Rollsplitt auf ein Minimum zu reduzieren.
Einem forschen Vorankommen auf kurvigem Asphalt hat der Edel-Toyota nicht so gern aber bei Bedarf hält er dank der optionalen aktiven Fahrwerksstabilisatoren, so gut es geht, mit. Sie sorgen für eine weitere Eindämmung der Wankbewegungen und sollen beim GS für ein agileres Handling sorgen. In dieser Ausstattung bekommt der GS zusätzlich noch Reifen mit Notlaufeigenschaften, sogenannte „Run-Flat“- Reifen verpasst. Dadurch entfällt das Reserverad. Die elektronischen Assistenzsysteme greifen auch bei Nässe sehr behutsam und fast unmerklich ein.
Deutlich spaßbringender ist hier die Gerade. Wenn sich die manch ein Konkurrent den ach so lahmen Lexus fix auf die rechte Seite gedrängt haben möchte, beginnt der Spaßfaktor. Den Schalthebel auf S und Hybrid Power Modus aktiviert, sprintet der Japaner voran wie die Maus mit brennendem Schwanz. Sollte der Gegner es dann in der nächsten Geschwindigkeitsbeschränkten Zone schaffen wieder aufzuschließen, sind irritierte Blicke Standard.
Effizienz auch auf der Autobahn
Kommen wir nun zu dem interessantesten Part-dem Hybridantrieb. Knapp 2.000 km scheuchten wir den Lexus von der Großstadt bis hin zur Autobahn. Auch wenn das kleine Daumenkino mit den Verbrauchswerten verlockt, den Gasfuß zu lockern, wurde er die meiste Zeit dynamisch vorangetrieben. Das Endresultat ein Durchschnittsverbrauch von 10,2 Litern im Alltagsverkehr. Das sind zwar 3 Liter mehr als angegeben, aber dennoch eine grandiose Leistung für einen zwei Tonnen schweren Benziner der mittleren Oberklasse. Es gibt Kleinwagen, die bei der Fahrweise locker über diesen Verbrauch kommen. Im Fall der Fälle sorgen die großen, innenbelüfteten Scheibenbremsen für prompte Bremsmanöver.
Lexus Zukunft in Deutschland
Lexus – diese mit 23 Jahren noch recht junge Marke hat es in Deutschland nach wie vor schwierig. Leider fristet der Edelableger von Toyota hier in Deutschland immer noch ein absolutes Nischendasein. Was sehr schade ist, bietet man hier doch eine interessante und insbesondere preiswerte Alternative an, die zudem die allgemeine Toyota-Zuverlässigkeit beinhaltet. Das mag auch daran liegen, dass der Konzern vorsichtig gesagt ein wenig zu herablassend mit der Effizienz des hierzulande immer noch belächelten Hybrid-Systems prahlt anstatt eine vernünftige Diesel Alternative auf den Markt zu bringen.
Konkurrent Infiniti, Edel Ableger von Nissan-quasi gerade für den deutschen Markt entjungfert worden, war da schlauer und montierte fast zu Beginn des hiesigen Marktstarts bewusst noch einen Diesel in die großen Baureihen. Noch dazu wurde gerade eine Kooperation mit Mercedes geschlossen, um noch effizientere Motoren nutzen zu können. Bei Lexus hat man sich nur beim IS getraut und zufälligerweise ist es gerade dieses Fahrzeug, welches man am häufigsten auf deutschen Straßen antrifft. Es ist einfach so, wie es ist. Die Europäer stehen dem Prinzip vom Hybrid-Antrieb in etwa genauso skeptisch gegenüber wie die Amerikaner dem Diesel.
Fazit: Der alte GS450h ist nach wie vor ein gutes und vor allem sehr zuverlässiges Auto. Wer mit dem etwas veraltet wirkenden Cockpit und dem kleinen Kofferraum klarkommt, ist mit diesem Auto absolut top beraten. Dazu ist man der Herr über ein hierzulande sehr exklusives Automobil. Bleibt nur zu hoffen, dass der neue GS 450h im Sommer auch hierzulande besser aufgenommen wird. Ich würde es ihm gönnen.
Fanaticar Magazin | Fotos: MarioRoman Pictures