So langsam muss ich sagen, dass ich ein wenig genervt bin. Schon zweimal innerhalb kürzester Zeit war ich an der berühmten Nordschleife zu Gast und beide Male habe ich es nicht geschafft, auf ebendieser wieder ein paar Runden zu drehen. Und dieses Mal hatte ich auch die richtige Ausrede. Denn der Lexus LS ist nun wirklich nicht für das Kurven kratzen angedacht. Dafür aber zum Vergleichen mit großen Miezekatzen. 😉
Doch, noch mal kurz von Anfang an. Jaguar lud eine ausgewählte Truppe von Schreiberlingen zum AVD OGP auf dem Grand Prix Kurs des Nürburgrings (Bericht folgt) . Und natürlich hat man dieser als benzinverliebter Freak wie ich es nun mal bin Folge zu leisten. Der erste Long Distance Trip mit dem Lexus LS600h. Nun wird sich zeigen, ob der Hybrid sich auch außerhalb der Stadt bewährt. Mit im Gepäck: Ein schicker Ferrari 458 Italia. Der sorgt für den Sound im Heckbereich, den außer einem leichten V8 Grummeln beim Beschleunigen bewährt sich der Chefschubser eher auf die Kunst des Schweigens – zugunsten der phänomenalen Mark Levinson Surround Anlage. Mit einem bisherigen Verbrauch von 11,4 Litern hat sich der 445 PS starke LS bewährt.
Beim Jaguar Testcenter angekommen, bietet sich ein direkter Vergleich der Exoten an. In der einen Ecke der 1,8 Tonnen leichte Jaguar XJ 3. Liter V6 Diesel mit 275 Pferden und 600 Nm Drehmoment auf der Hinterachse – In der anderen Ecke der Lexus LS600h mit 520 Nm Drehmoment und satten 2,4 Tonnen auf alle vier Räder verteilt. Der XJ sprintet in 6,4 Sekunden von 0 auf 100, der LS benötigt dafür nur eine Millisekunde weniger. Bei beiden endet der Vortrieb bei elektronisch limitierten 250 km/h.
Beim Design scheiden sich die Geister. Ich mag das zurückhaltende Äußere des LS600h. Es wirkt nicht so verwurschtelt und verschachtelt, wie bei vielen Mitbewerbern dieser Klasse. Klar gezeichnet und ohne viel Schnickschnack steht der LS präsent auf allen vier Rädern.
Jaguar dagegen hat mit dem aktuellen XJ einen absolut radikalen Schnitt gemacht, um von der barocken Schiene und dem damit verbundenen altbackenen Image herunterzukommen. Der XJ ist eine erfrischende Neuinterpretation einer Oberklasselimousine. Die Dachlinie zieht sich coupeartig nach hinten und gibt dem Jaguar ein besonders dynamisches Auftreten. Der Aufruhr in der Fangemeinde war groß. Doch das hat sich mittlerweile ausgependelt, denn auch der neue XJ hat viele neue Fans gefunden. Für diese mutige Umsetzung geht der Punkt an Jaguar.
Der wohl wichtigste Faktor einer Oberklasselimousine ist der des Wohfühlens. Und auch hier prallen zwei komplett unterschiedliche Welten aufeinander. Der Jaguar XJ wirkt auch im Innenraum von Kopf bis Fuß durchdesignt. Details sind an jeder Ecke zu finden und in der Nacht finden TRON Fans Gefallen an der blauen Ambientbeleuchtung. Die Coupeartige Hülle wird hier aber zum Verhängnis, denn die Übersicht hat dadurch deutlich gelitten. Man ist auf Kamera und Parksensoren angewiesen, um den Briten ordentlich in eine Parklücke bugsieren zu können. Als größten Kritikpunkt darf das Cockpitdispaly betrachten. Statt analoger Instrumente setzt man bei Jaguar fortan nur noch auf digitale Anzeigen. Das ist eine schöne Sache, nur wirkt die Umsetzung etwas halbherzig, weshalb das LCD-Display wie ein störendes Zubehörteil wirkt. Hier sollte dringend nachgebessert werden.
Dass es deutlich besser geht, beweist Lexus. Auch hier prangt ein LCD Tacho im Cockpit. Der ist allerdings deutlich kontrastreicher und schärfer aufgelöst. Auch ist das Schwarz als Schwarz zu erkennen und nicht als graue LCD Suppe. Der Innenraum ist zudem schlichter gestaltet. Hier steht der Reisekomfort im Fokus. Das klare Design des LS kommt ihm auch bei der Übersicht zugute. In meinen Augen gehört der LS zu den übersichtlichsten Oberklasselimousinen, die derzeit erhältlich sind. Auch der Platz im Fond ist deutlich größer im Gegensatz zum XJ. Für beide Varianten ist eine Langversion erhältlich. Bei den Navigationsdisplays wäre beiden Herstellern dringend geraten, noch mal einen Blick auf die Lösungen von BMW und Audi zu werfen. Darin macht Ihnen derzeit keiner was vor. Hier stelle ich mal den Alltagsnutzen und Komfort vor das Design. Und genau da punktet der Lexus.
Beim obligatorischen Drag Race sprintet der Jaguar XJ auf den ersten Metern deutlich forscher voran, ehe sich der LS600h noch die geballte Drehmoment-Power von 300 Nm mit auf die Antriebswelle holt. Dann schiebt der LS600h so fulminant voran, dass der XJ das Nachsehen hat. Punkt für den LS.
Das stört die Katze allerdings nicht. Sobald sich nämlich die ersten Eifelkurven ankündigen, zischt der Nürburgring erprobte XJ von dannen. Der LS dagegen stemmt sich trotz Sportdämpfungsmodus mit aller Macht gegen diese nicht artgerechte Behandlung. Das Wimmer der Räder und die das Aufblinken der elektronischen Helferlein möchten, dem Fahrer hier nur noch eines übermitteln: „Sag, mal hast du sie noch alle?“ Punkt für den XJ.
Beim Verbrauch und Reichweite wird es dann interessant. Mittlerweile fährt der LS600h auf 10,5 Litern. Bei meinem letzten Test mit dem XJ Diesel kam ich ebenfalls auf einen Testverbrauch von 9 bis 11 Liter. Für einen Diesel eine beachtliche Leistung, für einen Benziner ist das allerdings schon grandios. Punkt für den Lexus.
Doch in einem Punkt ist der Jaguar dem Lexus hierzulande eindeutig überlegen: Image! Seit über 20 Jahren tut sich Lexus schwer mit dem deutschen Markt. Erst jetzt fängt die Toyota-Tochter langsam an zu verstehen, was der europäische Markt will. Jaguar dagegen hat ein tolles Image und hat im Hinblick auf Zuverlässigkeit deutlich zugenommen. Mit einem Jaguar lässt sich der deutsche Bürger gerne sehen. Mit einem Lexus besteht immer noch Erklärungsbedarf. Denn Lexus fehlt es vorwiegend an eins: einer echten Historie! Wirklich schade. Der Punkt geht an Jaguar.
Am Ende gibt es einen Gleichstand für die beiden Exoten. Beide haben Ihren Charme und beide bieten dem Kunden im Gegensatz zur deutschen Konkurrenz ein deutlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Welcher letztlich der Bessere von beiden ist … das muss jeder selbst entscheiden. Ich hätte da so meine Schwierigkeiten mich zu entscheiden.
Was noch so alles passierte.. Demnächst!
Hier schon mal ein paar Meinungen zu dem Jaguar Event:
- Automobil-Blogger mit Cat-Content – Jaguar macht es möglich!
- Wilde Katzen aus feinem Hause: mit Jaguar XKR und XK unterwegs
- Jaguar XJ: absolut Premium, aber nicht Digital
- Böse Miezekatze – Jaguar XKR Convertible
- Jaguar: Samtpfote und Raubtier zugleich
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
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