Mal ehrlich: Wenn Porsche sich traut, ein Modell außerhalb der legendären Neunelferreihe herauszubringen, dann gibt das zuallererst immer Stunk unter den Porsche-Fanboys. Doch in den letzten Jahren haben die Stuttgarter damit immer den richtigen Riecher bewiesen. Und mein ganz besonderes Leckerli wird von mir liebevoll als „Schnappi“ tituliert, und nachdem ich bereits schon zigtausend Kilometer mit dem Vorgänger-Modell (987) abspulen durfte, wurde es nun endlich mal Zeit, am Steuer der neuesten Generation mit den Ziffern 981 Platz zu nehmen.
Optik
Schon allein die Optik lässt jeden Sportwagenfan dahinschmelzen. Durch die kürzeren Überhänge und den verlängerten Radstand streckt sich das gesamte Design deutlich und macht den Cayman S dadurch stimmiger als je zuvor. Unverkennbar wie schon beim Boxster sind die Parallelen zur Sportwagenlegende Carrera GT, was den lieben Schnappi noch begehrenswerter macht. Die Parallelen zum 911 wurden deutlich entschärft – der Cayman hat einen eigenen Schriftzug bekommen und wirkt deutlich eigenständiger. Trotzdem ist er sofort als das wiederzuerkennen, was er ist und was er immer sein will – als Porsche!
Ganz besonders erfreut bin ich jedes Mal über die großzügigen Platzverhältnisse im Innenraum des Cayman. So bietet der Schwabe nicht nur ordentlich Bein- und Kopffreiheit, sondern auch enorm viel Platz für Gepäck in beiden Kofferräumen, was bei einem Mittelmotorsportler schon fast unverschämt anmutet. Ja, richtig gehört, in beiden Kofferräumen. Denn beim Cayman versteckt sich der Motor direkt hinter der Fahrerkabine unter einem Teppich, der als Kofferraum genutzt werden kann. Schlau gemacht. Die Haptik der Materialien ist auf dem höchstmöglichen Level und die Bedienung des Infotainment-Systems erklärt sich wie von selbst.
Motoren und Antrieb
Zwei Motoren stehen beim Cayman zur Auswahl. Bei beiden Varianten handelt es sich selbstverständlich um einen Sechszylinder-Boxermotor. Die bösen Gerüchte eines aufgeladenen Vierzylinders haben sich also bis dato glücklicherweise nicht bestätigt. Die Basisversion des Cayman beherbergt 2,7 Liter Hubraum und bringt maximal 275 PS / 202 kW auf die Hinterachse. Der Cayman S dagegen lässt sich nicht lumpen und generiert auf 3,4 Litern Hubraum satte 325 PS / 239 kW. Beide Motoren lassen sich wahlweise manuell per Sechsgangschaltgetriebe oder mit einem optionalen Siebengang-Porsche-Doppelkupplungsgetriebe – kurz PDK – ordern. Als alter Fan der manuellen Schaltkulisse mag ich es kaum sagen, aber: Das PDK ist verdammt schnell, und so erwischt man sich sehr fix dabei, dass man einfach nur noch gechillt im reinen Automatikmodus vor sich hin fährt, statt sich aktiv um den Gangwechsel via Schaltwippen zu kümmern.
In Verbindung mit dem ebenfalls optionalen Sport-Plus-Paket schnellt der Cayman S mit PDK und aktiviertem Sport-Plus in nur 4,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h und ist somit auf Augenhöhe mit dem großen Bruder Porsche 911 Carrera. Auch in Sachen Höchstgeschwindigkeit trennen die beiden nur wenige km/h voneinander. Offiziell ist beim Cayman S bei 281 km/h Schluss, laut Tacho rannte unser Schnappi auf gerader Strecke aber bis zu 305 km/h, was schlussendlich aber der realen Vmax entsprechen dürfte.
Dabei fällt besonders die akustische Überarbeitung im Innenraum auf. Der Boxer ist nach wie vor präsent, sorgt aber selbst bei Topspeed für einen angenehmen Geräuschpegel. Das Fahrwerk ist hervorragend abgestimmt und bietet einen sauberen Geradeauslauf. Durch das optionale aktive Dämpfersystem PASM lässt sich der Komfort im Normal-Modus nochmals steigern, ist jedoch Sport aktiviert, werden die Bandscheiben auf unebener Strecke freundlich gegrüßt. Doch natürlich hat der Cayman S mehr Freude an der rasanten Kurvenhatz. Und hier ist er voll und ganz in seinem Element.
Fahrdynamik
Und genau hier kommt die ganze Charakteristik des Cayman S zum Vorschein. Der Motor liegt satt am Gas, das PDK wirbelt blitzschnell durch die Gänge, das Fahrwerk sorgt auch auf welligem Untergrund für ein sicheres Fahrgefühl und die Pneus beißen sich geradezu in den Asphalt. Dabei gibt es auch ein großes Lob für das elektronische Stabilitätssystem von Porsche. Selbst bei Regen und Nässe greift das System nur behutsam und unterstützend ein, statt zu bevormunden. Sogar leichte Driftwinkel sind möglich.
Entledigt man sich der Elektronik via Knopfdruck, muss man aber auch nicht Himmel und Hölle fürchten.Vorbei die Zeiten, in denen Mittelmotoren unberechenbar schienen, der Cayman ist selbst in Extremsituationen äußert gutmütig zu handeln, das nötige Gespür im Hintern vorausgesetzt. Dazu gibt es noch freudiges Zwischengasgebell und Brabbeln aus den Endrohren des überaus ansehnlichen Hecks.
Dabei kommt ihm die Saugercharakteristik des Boxers zugute, die Kraft lässt sich gut dosieren und die Karosserie bei etwaigen übermütigen Manövern schnell wieder in die Spur bringen. Es bedarf schon einer sehr harten Hand, um den Cayman wirklich gefährlich werden zu lassen, denn der Grenzbereich lässt sich sehr gut erahnen. Um dieses Gefährt auf trockener Straße wirklich quer zu bekommen, muss man es schon ordentlich triezen.
Trotzdem ist der Cayman S ist auch um Effizienz bemüht. Schon der Vorgänger ließ sich mühelos im Bereich von 11 bis 13 Litern bewegen. Der Nachfolger wird sogar mit einem Durchschnittsverbrauch von 8 Litern angegeben. Im Alltag kamen wir auf einen Durchschnittsverbrauch von 10,8 Litern bei flotter Fahrweise, was dem angegebenen Verbrauch sehr nahe kommt. Um diese Werte bewerkstelligen zu können, hat Porsche tief in die Effizienz-Kiste gegriffen. Leichtbau, Bordnetzrekuperation, Thermomanagement, Segelfunktion, Auto-Start-Stopp – das sind nur ein paar Begriffe, die dem Cayman zu einer Verbrauchsminderung von bis zu 15 % verhelfen sollen. Ein echter Sportwagen muss heutzutage nicht mehr übertrieben viel saufen, wie sich zeigt. Kritik kann ich an diesem Auto einfach nicht üben – außer vielleicht an der sehr eigenwilligen Interieurfarbe, aber die ist ja zum Glück nicht Serie. Mir gefällt der Cayman S genauso wie er ist.
Fazit: Einer muss es ja mal tun. Nein, ich präferiere nicht den obligatorischen und überpräsenten 911 als mein persönliches Porsche-Lieblingsmodell. Wozu auch? Der Cayman S hat mir in zwei Wochen des Testens mehr Fahrspaß und Freude an der Kurvenhatz übermittelt als es alle bisher getesteten Modelle der 991-Elfer-Reihe tun konnten. Der Elfer ist erwachsen geworden, zu harmonisch und perfektionsgeladen. Ein sehr gutes Auto, aber man hat der aktuellen Baureihe die Giftzähne gekürzt. Macht nix, der Cayman S hat seine dafür nochmals gespitzt. Herausgekommen ist ein Sportwagen, der noch ein wenig den Spirit vergangener Tage in sich trägt. Ein Sportler mit Herz.
Technische Daten Porsche Cayman S PDK (Sport Plus)
Motor | wassergekühlter Sechszylinder-Boxermotor |
Leistung in kW / PS | 239 kW / 325 PS bei 7.400 U/min |
Hubraum | 3.436 ccm |
maximales Drehmoment | 370 Nm bei 4.500–5.800 U/min |
Literleistung | 69,6 kW / 94,6 PS |
Höchstdrehzahl | 7.800 U/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 4,7 s |
Beschleunigung 0–200 km/h | 16,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 281 km/h |
Verbrauch im Durchschnitt | 8,0 l |
Leergewicht | 1.350 kg |
Zul. Gesamtgewicht | 1.695 kg |
Länge | 4.380 mm |
Breite | 1.801 mm |
Höhe | 1.295 mm |
Radstand | .475 mm |
Kofferraumvolumen vorne | 150 l |
Kofferraumvolumen hinten | 162 l |
Kraftstoffart | Super Plus |
CO2-Emissionen | 188 g/km |
Schadstoffklasse | Euro 5 |
Preis | ab 64.118,00 Euro inkl. Mehrwertsteuer |
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