Der neue Touareg bricht mit seinem Understatement. Selbstbewusster denn je steht er da und bringt damit die etablierte Plattformgeschwisterschaft ordentlich ins Schwitzen. Wir durften bereits einige Runden mit dem neuen Premium-SUV aus dem Hause Volkswagen rund um Salzburg drehen. Es sollte der Vorstoß in die oberste Liga sein. Mit der Luxuslimousine Phaeton und dem Touareg wollten die Wolfsburger hoch hinaus.
Beide Produkte waren außerordentlich gut geraten doch der Phaeton, der sich die Plattform mit dem Bentley Continental teilte, war am Ende nur noch ein guter Geheimtipp für Schnäppchenjäger im Luxussegement. Der Touareg hingegen kam mit seiner zeitlosen Eleganz und der Möglichkeit bis zu 3,5 Tonnen hinter sich her zu ziehen dagegen deutlich besser an. Da wo bis dato nur Landcruiser, Pajeros, und G-Klassen sich Hallo und Guten Abend sagten, spielte plötzlich ein VW auf Augenhöhe mit.
Und auch ich war dem ersten Touareg schon von Anfang an sehr zugeneigt. Er war komfortabel, übersichtlich und der V10 Diesel war ein brutales Miststück der die Pneus ächzen ließ. Generation zwei brachte in unserer damaligen Redaktion in gerade mal drei Wochen knapp 10.000 Kilometer hinter sich und glänzte dabei mit Geizverbräuchen von unter 10 Liter… wohlgemerkt mit einem 4,2 Liter V8 TDI – der, meiner Meinung nach, bis heute beste Diesel-Motor aus dem Volkswagen-Konzern.
Mit dem Touareg folgten zwei weitere SUV die ebenfalls auf der gleichen Plattform im VW-Werk Bratislava (Slowakei) entstanden. Zum einen ab 2005 der riesige Audi Q7, der immer ein wenig tollpatschig wirkte und fast zeitgleich mit dem VW der Porsche Cayenne, der alteingesessenen Porsche Liebhabern das Herz vor lauter Schock zum Presslufthammer werden ließ. Doch der Erfolg zeigte bei allen drei Marken – es war die richtige Entscheidung.
Mittlerweile haben sich zwei Konzernbrüder auf der Plattform hinzugesellt. Neben Bentley mit dem Bentayga spielt nun auch Lamborghini in der SUV-Liga mit. Doch Generation Nummer drei des Touareg verblüfft mit einem so selbstbewussten Design, dass er selbst mit der arrogant provokanten Hülle des Lamborghini Urus mithalten kann. Seine Linien beinhalten die besten Proportionen aus dem gesamten Portfolio. Er darf das denn er ist der Papa.
Was Papa aber nicht mehr gewährt wird, ist das extreme Kraxxeln. War der erste Touareg noch optional mittig mit einem Sperrdifferential versehen, wurde es dem neuen aberkannt. Letztendlich aus guten Grund denn rein prozentual gesehen ist der Touareg zu 99 % im urbanen Umfeld unterwegs. Die paar verrückten Seelen die mit dem Touareg tatsächlich mit Offroad-Bereifung ans Eingemachte gehen scheinen verschmerzbar zu sein.
Dafür sind seine Asphaltqualitäten gestiegen. Der neue Volkswagen Touareg ist komfortabler denn je, was unter anderem daran liegt, dass das neue Fahrwerk auch nicht mehr so viel Gewicht (minus 106 Kilogramm) mit sich herum schleppen muss. Es ist erstaunlich wie agil sich der Touareg in die windigen Asphaltkurven reingräbt ohne seine Contenance zu verlieren. Dabei behilflich sind ihm verschiedene Fahrmodi, ein dynamischer Wankausgleich und elektromechanisch verstellbare Stabilsatoren, die den SUV vom komfortablen Highwaycruiser in einen durchaus passablen Dynamiker verwandeln.
Zum Marktstart kommt unter der Haube ein aufgeladener Dreiliter-Sechszylinder-Diesel in zwei Varianten zum Einsatz. Die Basis bildet die 231 PS / 170 kW starke Variante die derzeitige Spitze markiert die 286 PS / 210 kW starke Version. Beide Motoren entsprechen jeweils der neuen EU6 AG Norm. Darauf folgen wird ein 4,0 Liter V8-Turbodiesel mit satten 421 PS / 310 kW auf den wir uns selbstverständlich ganz besonders freuen.
Für unsere Testfahrt in Österreich mussten aber erstmal die 286 PS genügen – und im Grunde genommen waren sie mehr als ausreichend. Besonders hervorzuheben, neben der guten Gasannahme, ist hierbei die exzellente Schalldämmung die erst bei genauem Hinhören einen Diesel erkennen lässt. Und wie schon beim Erstling sind Anhängelasten von 3,5 Tonnen kein Thema für den Touareg.
Doch neben der erfreulich selbstbewussten Hülle, die auf bis zu 21 Zoll großen Walzen daherkommt, beeindruckt besonders das Innere des neuen VW Touareg. Hier fährt man nämlich eine ganz besondere Technikoffensive auf, die schon fast in Richtung Tesla geht.
Immerhin kommt in der Mittelkonsole ein hochauflösender 15 Zoll-Touchscreen zum Einsatz der sich erstaunlich frei programmieren lässt. Erstaunlich deshalb, weil die Autohersteller bisher immer sehr strikt waren in der Zuordnung ihrer Anzeigen. Und so erwischt man sich, dass schon eine halbe Stunde vergeht bevor man überhaupt losfährt.
Und nun kommt ein Dilema. Einerseits ist man als Technikjunkie äußerst verzückt alles wie ein Smartphone bedienen zu können, andererseits erweist sich das Fehlen haptischer Druckpunkte auch als äußerst ablenkend zumal das Display den Blick nach unten senken lässt. Mal schnell die Sitzheizung blind bedienen ist nicht. Es muss immer ein visueller Fokus gesetzt sein, soll heißen: der Blick fällt länger von der Straße als unbedingt nötig. Die meisten Befehle lassen sich aber auch per Sprachbedienung nutzen und die wichtigsten Infos werden eh im gestochen scharfen Head-Up-Display abgebildet.
Immerhin hat sich Volkswagen eine analoge Tugend doch nicht nehmen lassen: Die Lautstärke darf nach wie vor mit einem haptischen Drehregler bedient werden. Einziger echter Wermutstropfen ist die noch nicht optimale Integration von Apple CarPlay, welches recht einsam im Bildschirm dahinvegetiert. Das ist aber grundsätzlich Apple anzulasten und nicht den Wolfsburgern.
Wie es bei Android Auto ausschaut haben wir leider nicht testen können. Kurzum. Das neue Media-System von Volkswagen ist mutig, bedarf aber noch in einigen Punkten einer Überarbeitung. Nicht alles muss Touch sein. Es stellt sich die Frage wie ein Käufer in den Sechzigern sich damit zurecht findet. Wobei, wenn er die nach wie vor katastrophale Bedienung von Mercedes überlebt haben sollte, dürfte ihm eigentlich alles leicht von Hand gehen, zumal bei Volkswagen intuitiv gedacht wurde.
Es ist also irgendwie ein hin und her ob man bei dem neuen Entertainment System ein Like da lassen möchte oder nicht. Doch seien wir mal ehrlich, ist einmal alles richtig eingestellt nutzen wir eh kaum noch andere Funktionen außer denen, die uns am Lenkrad und per Sprachsteuerung zur Verfügung stehen. Somit belassen wir es bei einem Like.
Fazit: Der neue Volkswagen Touareg ist eine wahre Offenbarung. Er wirkt präsenter und moderner denn je. Auch beim Fahrwerk hat Volkswagen nochmal eine Schippe draufgelegt und bringt das Wolfsburger Flagschiff auch auf flotter Kurvenfahrt nicht aus dem Konzept. Hätte ich privat die Wahl zwischen den Fahrzeugen, die auf dieser Plattform vom Band laufen, fiele es mir am Ende wohl wirklich schwer mich zwischen dem Cayenne und dem Touareg zu entscheiden. Bitte genauso weitermachen Volkswagen.
Credits
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: MarioRoman Pictures
https://fanaticar.de/news/2018/der-neue-volkswagen-touareg-2018-kein-verstecken-mehr/39849
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