Elektroautos aus der Türkei? Jetzt ja. Der Togg T10X tritt mit bis zu 435 PS an. Zeit für den ersten Fahrbericht.
Mit dem Togg T10X betritt erstmals seit Anadol (1966 bis 1984) wieder eine Pkw-Marke aus der Türkei die internationale Automobilbühne. Togg steht für „Türkiye’nin Otomobili Giri?im Grubu“ und wurde 2018 gegründet. Doch wer oder was ist überhaupt Togg?
Togg ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer großer türkischer Industrieunternehmen, begleitet von der Handels- und Industriekammer des Landes. An der Spitze steht Mehmet Gürcan Karaka? als CEO, der Togg seit der Gründung führt und zuvor viele Jahre beim Zulieferer Bosch an der Entwicklung elektrischer Antriebssysteme beteiligt war.
Statt sich als reiner Autohersteller zu sehen, positioniert sich Togg als technologieorientierte Mobilitätsmarke. Der T10X wird im eigenen Werk in Gemlik gebaut. Für das Design zeichnet Murat Günak verantwortlich, früher Chefdesigner im Volkswagen Konzern und zuvor unter anderem bei Mercedes-Benz tätig. Neben der klaren SUV-Formensprache setzt Togg stark auf digitale Funktionen wie Over-the-Air-Updates und einen Blockchain-basierten Fahrzeug- und Batteriepass, der die wichtigsten Fahrzeugdaten über den gesamten Lebenszyklus hinweg nachvollziehbar machen soll.
Außenoptik: klassisches SUV mit klarer Haltung

Optisch tritt der Togg T10X selbstbewusst auf, ohne experimentell zu wirken. Die Front mit geschlossenem Kühlergrill und vertikal strukturierten Elementen wirkt präsent, die schmalen LED-Leuchten sind harmonisch integriert. Die Seitenlinie bleibt klassisch SUV-typisch und verzichtet bewusst auf modische Coupé-Anleihen. Das kommt der Übersichtlichkeit zugute und unterstreicht den funktionalen Anspruch.
Mit einer Länge von 4.599 Millimetern, einer Breite von 1.886 Millimetern und einer Höhe von 1.676 Millimetern bewegt sich der T10X klar im C-SUV-Segment. Am Heck sorgen eine durchgehende Lichtsignatur und schmale Rückleuchten für einen aufgeräumten Abschluss. Insgesamt wirkt das Design sachlich, solide und bewusst international. In den Radkästen kommen je nach Ausstattung 17 bis 19-Zoll große Felgen zum Einsatz. Tatsächlich wäre optisch durchaus noch Platz für ein bis zwei Zoll mehr drin gewesen.

Innenraum: viel Platz, gutes Raumgefühl, sachliche Anmutung
Im Innenraum punktet der T10X vor allem mit Raumangebot. Der lange Radstand von 2.890 Millimetern sorgt für großzügige Bein- und Kopffreiheit auf beiden Sitzreihen. Der Kofferraum fasst 441 Liter und wächst bei umgelegter Rückbank auf bis zu 1.515 Liter. Das ist gemessen an seinem Konkurrenz-Umfeld eher Mittelmaß aber immer noch ausreichend.
Die Gestaltung ist klar und reduziert. Materialien und Oberflächen wirken funktional und sauber verarbeitet, erreichen im direkten Vergleich zur etablierten Konkurrenz jedoch nicht durchgehend Premium-Niveau. Gerade im Bereich der Türverkleidungen und unteren Cockpitzonen bleibt der Eindruck eher sachlich als hochwertig. Optional sind elektrisch verstellbare Sitze mit Memory-Funktion, Sitzheizung vorne und hinten sowie ein Panorama-Glasdach erhältlich.

Infotainment: starkes Layout, sichtbarer Entwicklungsstand
Togg verzichtet auf freistehende Displays und integriert das 12,3-Zoll-Kombiinstrument, das 29-Zoll-Infotainment-Display und ein zusätzliches 8-Zoll-Bedienfeld zu einer durchgehenden Cockpiteinheit. Die Lösung wirkt aufgeräumt und ergonomisch sinnvoll, insbesondere das untere Touchfeld ist gut erreichbar.
In der Praxis zeigt das System jedoch einen frühen Entwicklungsstand. Während des Tests reagierte das Infotainment teilweise träge und fehleranfällig. Apple CarPlay und Android Auto standen nicht zur Verfügung. Die integrierte Navigation bietet weder eine zuverlässige Live-Verkehrsführung noch eine vollständige Ladeinfrastruktur-Abdeckung. Positiv fällt die flexible Bildschirmaufteilung auf, die eine großflächige Darstellung von Navigation oder Fahrzeugdaten erlaubt.
Togg setzt konsequent auf Over-the-Air-Updates. Insgesamt wirkt das System weniger wie ein final ausgereiftes Serienprodukt, sondern eher wie der Startpunkt einer Plattform, die softwareseitig noch wachsen muss.

Antriebe: breite Palette mit klarer Staffelung
Der Togg T10X wird in vier Varianten angeboten. Den Einstieg bildet der V1E mit Hinterradantrieb, 160 kW (218 PS) Leistung und 52,4-kWh-Batterie. Darüber folgen die Long-Range-Versionen mit 88,5-kWh-Akku. Das Topmodell V2 4More kombiniert zwei Motoren zum Allradantrieb mit 320 kW (435 PS) und 700 Nm Drehmoment.
Die Beschleunigung von null auf hundert km/h gelingt in 4,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist bei allen Versionen auf 185 km/h begrenzt. Geladen wird mit bis zu 180 kW Gleichstrom. In der Praxis lagen die Ladeleistungen im Test eher bei 120 bis 130 kW. AC-Laden ist serienmäßig mit 11 kW möglich, optional mit 22 kW.
Ergänzend baut Togg mit Trugo ein eigenes Schnellladenetz auf. Der Fokus liegt bislang auf dem türkischen Markt. Für europäische Kunden bleibt dies vorerst ein ergänzender Ansatz ohne unmittelbare Relevanz im Alltag.

Fahrgefühl: souverän, defensiv abgestimmt
Im Fahrbetrieb präsentiert sich der T10X klar komfortorientiert. Das Fahrwerk mit MacPherson-Vorderachse und Multilink-Hinterachse filtert Unebenheiten sauber heraus, die Karosserie bleibt auch bei höheren Geschwindigkeiten ruhig. Die Lenkung arbeitet ausreichend präzise, vermittelt jedoch nur begrenzte Rückmeldung.
Mit einem Leergewicht von deutlich über 2.100 Kilogramm in der Allradversion bringt der T10X spürbare Masse mit. Das erklärt sowohl den erhöhten Energiebedarf als auch die insgesamt zurückhaltende Fahrwerks- und Assistenzabstimmung. Trotz defensiver Fahrweise pendelte sich der Verbrauch am Ende bei rund 26 kWh ein. Da darf gerne nochmal nachgebessert werden.
Die Leistungsentfaltung des Topmodells ist kraftvoll. Die Assistenzsysteme agieren hingegen sehr konservativ. Spur- und Lenkeingriffe erfolgen frühzeitig und teils strenger als bei vergleichbaren Modellen. Ein Unsicherheitsgefühl entsteht daraus nicht, die Abstimmung wirkt jedoch defensiv. Eine Anpassung an europäische Fahrgewohnheiten per Software-Update erscheint wahrscheinlich. Solange lässt sich das System bei Bedarf auch nach jedem Start entschärfen.
Ergänzend dazu erreichte der Togg T10X im unabhängigen Testprogramm von Euro NCAP die Höchstwertung von fünf Sternen. Das unterstreicht, dass das Fahrzeug in puncto aktiver und passiver Sicherheit von Beginn an nach europäischen Maßstäben ausgelegt wurde.

Preise: attraktiv im Einstieg, anspruchsvoll im Topmodell
Der Einstiegspreis des T10X liegt bei 34.295 Euro für den V1E Standard Range. Die Long-Range-Versionen starten bei 40.118 Euro, der V2 RWD bei 41.200 Euro. Das getestete Topmodell V2 4More liegt bei 49.200 Euro inklusive Steuern.
Damit deckt Togg ein breites Preisspektrum ab. Während die Basisversionen attraktiv positioniert sind, steht die Topversion in direkter Konkurrenz zu etablierten Modellen, bei denen Software-Reife und wahrgenommene Materialqualität aktuell weiter entwickelt sind.
Im Wettbewerbsumfeld tritt der Togg T10X gegen etablierte elektrische Mittelklasse-SUV wie den Tesla Model Y, den Volkswagen ID.4 und den Škoda Enyaq (Fahrbericht) an. Auch Modelle wie der Hyundai Ioniq 5 (Fahrbericht), Ford Mustang Mach-E (Fahrbericht) oder der BYD Atto 3 sind in diesem Segment relevant.

Fazit
Der Togg T10X ist ein technisch solides Elektro-SUV mit viel Platz, klarer Gestaltung und einer breiten Antriebspalette. Als Neueinsteiger zeigt Togg, dass Plattform, Fahrwerk und Antrieb konstruktiv auf Augenhöhe mit etablierten Herstellern liegen können. Die größten Schwächen liegen derzeit in der Software, der Assistenzabstimmung und der wahrgenommenen Materialqualität im Innenraum.
Gleichzeitig ist der T10X ein nachvollziehbarer erster Schritt einer Marke, die nicht nur ein Fahrzeug, sondern ein gesamtes Mobilitätskonzept etablieren will. In den unteren Versionen ist der T10X ein interessantes Angebot. In der Topversion muss Togg softwareseitig deutlich nachlegen, um den aufgerufenen Preis langfristig zu rechtfertigen.
Technische Daten Togg T10X (2025)
| Kategorie | T10X V1E RWD Standard Range | T10X V2 4More (Testfahrzeug) |
|---|---|---|
| Einstiegspreis | ab 34.295 Euro | 49.200 Euro |
| Leistung | 160 kW (218 PS) | 320 kW (435 PS) |
| Drehmoment | 350 Nm | 700 Nm |
| Beschleunigung 0–100 km/h | 7,4 Sekunden | 4,8 Sekunden |
| Höchstgeschwindigkeit | 185 km/h | 185 km/h |
| Antriebsart | Heckantrieb | Allradantrieb |
| Batterie | 52,4 kWh Lithium-Ionen | 88,5 kWh Lithium-Ionen |
| DC-Ladeleistung | bis 150 kW | bis 180 kW |
| DC-Ladedauer 10–80 % | ca. 28 Minuten | ca. 28 Minuten |
| AC-Ladeleistung | 11 kW | 11 kW (22 kW optional) |
| Reichweite (WLTP) | bis 314 km | bis 468 km |
| Verbrauch (WLTP) | 16,7 kWh/100 km | 21,9 kWh/100 km |
| Leergewicht | ca. 1.930 kg | über 2.100 kg |
| Anhängelast | keine Freigabe | keine Freigabe |
| Radstand | 2.890 mm | 2.890 mm |
| Maße (L × B × H) | 4.599 × 1.886 × 1.676 mm | 4.599 × 1.886 × 1.676 mm |
| Gepäckraumvolumen | 441 Liter | 441 Liter |
| Maximales Ladevolumen | 1.515 Liter | 1.515 Liter |
Fanaticar Magazin | Fotos: MarioRoman Pictures




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