Katalonien Mitte Oktober 2016. Letzte wärmende Sonnenstrahlen über den Teil Spaniens, der am liebsten eigenständig und unabhängig von Madrid wäre. Die Straßen rund um Barcelona hoch zum gewaltigen Felsmassiv auf dem sich das Kloster Montserrat befindet, sind frei vom Touristenverkehr, der hier noch vor wenigen Wochen brauste. Gute Voraussetzungen für einen Ritt der besonderen Art. Im neuen Audi R8 Spyder offen und mit frei saugenden 10 Zylindern im Rücken. 397 kW (540 PS) stark und schnell wie die Sau.
Form und Funktion
Nicht ganz einfach, einen Sportwagen mit Allradantrieb und Cabrio-Verdeck, leicht zu gestalten. Audis Ingenieure vollbrachten das Kunststück und entwarfen eine Karosserie, die nur 208 kg wiegt. Der Mix des Audi Space Frame aus Aluminium und kohlefaserverstärktem Kunststoff sind für dieses geringe Gewicht verantwortlich.
Dazu ein 44 kg wiegendes Stoffverdeck, zusammen mit Webasto entwickelt, das sich bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h innerhalb von 20 Sekunden öffnen und schließen lässt. Eine separat zu öffnende oder zu schließende Heckscheibe verhindert zusammen mit dem aufsteckbaren Windschott zu starke Verwirbelungen in dem eines Rennwagens ähnlich gestylten Innenraums.
Voll auf den Fahrer fokussiert ist der Instrumentenzeiger, der mit dem 12,3 Zoll großen Audi virtual cockpit sämtliche Informationen mittels Rädchen drehen und drücken zur Verfügung stellt. Simpel, schnell und einfach die Bedienung dieses Systems, optimal für die volle Konzentration auf das eigentliche Vergnügen mit dem Audi R8 Spyder, das Fahren.
Fahrverhalten
Ist Fliegen tatsächlich schöner? Wir denken nicht. Ein Ritt auf einer nahezu unbefahrenen, dazu engen und extrem kurvenreichen Straße bewies uns lässig das Gegenteil. Audi drive select in den dynamic Modus fixiert, die 7-Gang S-tronic auf Sport gestellt, die manuelle Schaltung über die Paddels justiert und hineinfallen in einen Rausch der an Dramatik und Faszination nahezu unübertroffen ist.
Eine Folge an Kurven, Steigungen und Gefällstrecken saust im Milli-Sekundentakt vorbei, der Audi R8 Spyder ist der Souverän der Straße. Da ist es wieder, erst gemächlich cruisen, Bruchteile von Sekunden schlagen die 540 PS wie aus dem Nichts heraus zu.
Dabei ist dieser Bolide handzahm zu bedienen. Selbstverständlich sollte die brachial zuschlagende Gewalt beherrscht werden. Vor allem, wenn jedes Pferdchen mit deutlich verringertem ESP-Eingriff am oberen Ende aus den 10 Zylindern gerockt wird.
Feinste Abstimmungsarbeit lässt dies, von außen betrachtet, als eine Art Kinderspiel wirken. Das Handling ist aber auch aus dem Inneren heraus fast schon einfach zu benennen. Der Audi R8 Spyder ist eine gelungene Komposition, die das offene Fahren in neuen Dimensionen zelebriert.
Und das, obwohl er nur mit dem 540 PS leistenden V10 daherkommt. Die 60 PS mehr des R8 V10 plus sind ausschließlich dem Coupé vorbehalten. Aber irgendwo muss es ja eine weitere Abgrenzung in Richtung Sant’Agata Bolognese geben. Aus den dort angesiedelten Werkshallen entschlüpft der Huracán Spyder, der mit diesen 610 PS protzen darf.
Vermisst haben wir diesen Leistungsüberschuss dennoch nicht. Zurück in Lloret de Mar leuchteten die Augen voller Glückseligkeit und Spaß an einem unglaublich agilen Sportwagen.
Für eine sparsame Fortbewegung, die allein schon aus Verkehrsgründen oftmals die einzige Möglichkeit darstellt, sorgt cylinder on demand (COD). Bei niedriger bis mittlerer Last werden in den oberen vier Gängen die Zylinder der linken oder rechten Bank stillgelegt, indem die Einspritzung und Zündung deaktiviert wird. Klar hat ein R8 Spyder auch eine Start-Stopp-Automatik, mit der er sich in eine Art Öko-Sportwagen verwandeln kann.
Ausstattung
Auch der R8 Spyder leuchtet. Serienmäßig aus LED-Hauptscheinwerfern. Ausbaubar auf das von uns im vergangenen Jahr bereits im Coupé und im Vorgänger-Modell R8 LMX getestete Laserlicht. 3.380 Euro teuer wird die Nacht zu einem von der Sonne überfluteten Tag.
Serienmäßig sind auch die Klimaautomatik, der schlüssellose Zugang und die Lederausstattung aus Feinnappa. Diese ist durch eine Vollledervariante erweiterbar, bei der dann nahezu alle Oberflächen im Innenraum aus dem Stoff der Kühe ausgefertigt sind.
Ein besonderes Schmankerl für die Sitze des R8 Spyder ist der Aufheizschutz. Mittels einer speziellen Farbpigmentierung wird die im Sonnenlicht enthaltene Infrarotstrahlung reflektiert, was die Oberflächentemperatur um bis zu 20 Grad sinken lässt.
Für das Auffinden solch herausragender Routen, wie unserer in Katalonien, spendiert Audi dem R8 Spyder das MMI Navigation plus mit MMI touch serienmäßig. Gleiches gilt in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch für das Audi virtual cockpit, auf dessen Bildschirm unter anderem die Navigationskarte abbildet wird.
Fazit
Die perfekte Spreizung zwischen einem langstreckentauglichen Cruiser und einem ultimativen Sportgerät heißt Audi R8. Nun auch wieder in offen als Spyder erhältlich. Ein bisschen schwerer als das Coupé und damit auf der Nordschleife nicht ganz so schnell. Aber wen interessiert das? Dieser Audi steht für die pur Lust des Fahrgenusses mit der ganz besonderen Note einer herausragend arbeitenden Automobil-Manufaktur aus dem Schwabenland.
Technische Daten: Audi R8 Spyder V10
Motor: V10-Zylinder-Benziner
Getriebe: 7-Gang S tronic
Hubraum: 5.204 ccm
Leistung in kW/PS bei xy U/min: 397 kW (540 PS)/7.800
Max. Drehmoment: 540 Nm bei 6.500 Umdrehungen pro Minute
Länge/Breite/Höhe: 4.426/1.940/1.244 in mm
Radstand: 2.650 in mm
Leergewicht: 1.720 kg
Zul. Gesamtgewicht: 2.020 kg
Kofferrauminhalt: 90 l
Bereifung: 245/35 R 19 vorne, 295/35 R 19 hinten
Felgen: 8,5 x 19? vorne, 11 x 19? hinten Alu-Schmiederäder
Beschleunigung: 3,6 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 318 km/h
Tankinhalt: 80 l
Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,7 Liter auf 100 km
Preis: 179.000 Euro inkl. MwSt.