Ein Druck auf den Lichtschalter in der Tiefgarage und das Licht flackert auf. Einmal flackern, zweimal flackern, die Dunkelheit entweicht und gibt die Sicht auf den knallroten Audi RS5 frei. Mein Herz pocht wie wild. Denn mein Begehren nach diesem Automobil ist groß.
Stolz verkündete Audi Chefdesigner Walter da Silva damals bei der Präsentation des Audi A5, dass dies das schönste Auto sei, das er je entworfen habe.” Der Schlüssel schmiegt sich warm an in meinen Handballen. Ruhig Schöner, gleich geht es los.
Mit seiner lässig aggressiven Front zwinkert er mir förmlich zu. Die typische LED Kriegsbeleuchtung in den Frontscheinwerfern wird in der Wirkung vom anthrazitfarbenen Kühlergrill, großen Lufteinlässen und dem tiefen silbernen Frontspoiler unterstützt. Eine klassisch elegante Coupé Seitenlinie zieht sich über die lange Motorhaube, geht dann sanft über die Fahrerkabine und endet mit einem scharfen Cut am Heck. Die breit ausgestellten Hinterteile sollen eine Hommage an den Allrad Pionier von 1980 – den Audi Quattro – darstellen. Die Seitenschweller tragen kantige Aufsätze; Zierleisten und Gehäuse der Außenspiegel sind in matter Aluminiumoptik gehalten.
Das breite Heck wird von zwei riesigen, in den Stoßfänger integrierten Auspuffblenden dominiert. Dazwischen prangert der weit nach oben gezogene Diffusor. Der in der Heckklappe integrierte Spoiler fährt bei 120 km/h selbstständig aus und presst den RS5 in den Asphalt. Den letzten Schliff geben die mächtigen 20 Zoll Alu-Gußräder.
Der Innenraum wirkt einladend. Gleich beim Einstieg fallen mir die optionalen Schalensitze auf. Sie sind phantastisch anzusehen und bieten guten Seitenhalt. Schwarze Tacho-Instrumente mit weißer Beschriftung beherbergen in der Mitte ein Farbdisplay, das bei Bedarf als Laptimer genutzt werden kann. Der Rest wurde schwarz gehalten und durch Dekoreinlagen aus Carbon und Aluminium in RS5 Optik ergänzt. Die Haptik bewegt sich wie gewohnt auf einem hohen Level. Ungewöhnlich für einen Audi waren die kippeligen Druckknöpfe rund ums MMI System. Auch wollen die kleinen Plastik-Schaltwippen nicht ganz ins Ambiente passen.
Ich drücke den Startknopf. Der Motor grummelt böse vor sich hin. Kaltstart mit offenen Klappen dazu verstärkte Tiefgaragenakustik. Lecker. Ein Tritt auf das Gaspedal und meine Nachbarn üben wieder mal symbolisch das Halsumdrehen des prolligen Testredakteurs. Ich muss hier raus, der Beau braucht Freilauf.
450 PS aus einem 4,2 Liter großen V8 wollen gebändigt werden. In 4,6 Sekunden geht es von 0 auf 100. Regulär wird bei 250 km/h zugemacht. Audi hält aber gerne die Hand auf und lässt das Coupé dann gegen Aufpreis bis 280 km/h voranstürmen.
Die Wahl nach der Getriebeart fällt flach – es gibt nur S-Tronic. Das 7 Gang Doppelkupplungsgetriebe arbeitet schnell und effektiv, doch wirkliche Emotionen wie beim S5 mit Handschaltung wollen hier nicht aufflammen. Immerhin wird der Fahrer im manuellen Modus nicht durch vorzeitiges Schalten bevormundet. Die Gänge können voll ausgefahren werden, zur Not auch bis in den Begrenzer.
Ein echter RS hat standesgemäß nur einen Antrieb – und der heißt Quattro. Mit einer Standardauslegung von 40:60 geht es sportlich heckbetont voran. Bei Bedarf wechselt die Verteilung der Momente zwischen Vorder- und Hinterachse blitzschnell hin und her, um optimale Traktion zu gewährleisten. Für noch mehr Sportlichkeit sorgt das optionale Sportdifferential, das eine variable Kraftverteilung zwischen den Hinterrädern ermöglicht.
Serienmäßig dabei ist das Fahrdynamiksystem „drive select“. Durch Aktivieren der jeweiligen Modi Comfort, Auto und Dynamic, werden die Kennlinien der Lenkung, der S-Tronic, der Gasannahme und der Abgasanlage auf die jeweiligen Straßenbedürfnisse optimiert.
Bedenkt man, dass hier satte 1,8 Tonnen auf die Waage gebracht werden, ist es um so erstaunlicher, wie leicht sich das Coupé um die Kurven zirkeln lässt. Egal, wie hart ich in die Kurve reinziehe, das Quattro System sorgt für eine überragende Traktion, die manch einen Hecktriebler schon ordentlich zum Schwitzen gebracht hätte. Es stört nur das gelegentliche Schieben über die Vorderräder bei schnellen engen Kurven. Quer lässt sich der RS5 nur mit viel Überredungskunst bewegen.
Von BMW abgeguckt wurde das dicke Lederlenkrad, das Lenkbefehle sehr präzise durchführt. Der von Audi angegebene Durchschnittsverbrauch von 10,8 Litern darf dabei getrost zu den Mythen gelegt werden: Im Schnitt kam das Coupé auf 15 Liter.
Nach einigen Tagen kommen mir trotz äußerer Schönheit doch ein paar erste Bedenken an Mister Universum. Da sind zum Beispiel die schicken Schalensitze, die nach längerer Fahrt den Rücken malträtieren. Beim Ausstieg scheuern die kantigen Sitzwangen an den Oberschenkeln von Fahrer und Beifahrer und erschweren zudem den Zugang in den ohnehin schon engen Fond. Die Empfehlung geht hier ganz klar zu den deutlich bequemeren Seriensitzen. Denn ein Sportwagen ist und will der RS5 nicht sein eher ein sportlicher Gran Turismo.
Auch das für den Alltag viel zu straff abgestimmte Fahrwerk kann nicht immer punkten. Sobald die Straßen ungemütlich werden, bekommt der Fahrer das sofort zu spüren. Bodenunebenheiten werden auch im Comfort Modus gnadenlos an die Passagiere weitergegeben. Auch zieht der RS5 gerne Spurrillen nach.
Der RS5 ist optisch die absolute Sahneschnitte in seinem Segment. Der laufruhige V8 passt sehr gut zum Charakter des Coupés. Die Schalensitze sind Geschmacksache, das recht unharmonische Fahrwerk bedarf einer Verbesserung. Ansonsten war der Audi in jeglicher Hinsicht ein spaßiger Begleiter, der viel Freude bereitet hat. Irgendwie hat man das Gefühl, dass bei diesem Auto der Feinschliff fehlt. Doch wer Audi kennt, der weiß, dass sie schnell lernen in Ingolstadt. Dann stimmen bei Mister Universum auch die inneren Werte.
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman picures
weitere Impressionen gibt es zu sehen auf folgendem Link : marioroman pictures | Audi RS5 Coupe
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