Tweety hat ein Problem. Die Miezekatze hat mächtig aufgerüstet und macht auf Luxus. Keine Kompromisse mehr. Jaguar hat das Raubkatzen-Special installiert. Das XKR Convertible ist bereit zur Jagd. Da steht es nun, das schnelle Cabriolet. Eher unscheinbar klassisch kommt die Silhouette daher. In traditioneller Roadster-Manier präsentiert sie sich, mit langer Front und kurz abschließendem Heck.
Der dunkelgrüne Lack und das beige Leder geben ihm den britischen Schliff. Unter der Haube, mit den scharf geschnittenen Lufteinlässen, pocht ein kräftiger, komplett neu entwickelter 5,0 Liter Kompressor V8, der mit satten 510 PS für ordentlich Vortrieb sorgt. Wer Wert auf Understatement legt, sollte eher zum XK greifen. Auf leisen Pfoten kommt der XKR nicht daher. Schon beim Betätigen des rot pulsierenden Startknopfes faucht der V8 heiser auf. Jegliches Heranpirschen wird von einem knurrigen Blubbern aus vier Endrohren begleitet. Jeder geschmeidige Sprint wird zur Wonne, um die anvisierte Beute zu erlegen.
Satte 625 Newtonmeter Drehmoment graben beim Kickdown über die breiten Gummis am Teer, bevor der Jaguar innerhalb von 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h hechtet. Wer auf Trägheit durch 1,8 Tonnen hofft, hat sich schwer getäuscht. Auch in den engsten Kurven legt der XKR eine erstaunliche Querdynamik hin. Dabei sorgen die imposanten 20 Zöller für ordentlichen Grip. Jedoch könnte die an sich direkte Lenkung trotz Sportmodus noch ein klein wenig mehr an Feedback wiedergeben.
Im Alltag bleibt der XKR, abgesehen vom Sound, kultiviert und laufruhig, ohne aufdringlich zu wirken. Dazu trägt das sequentielle Jaguar Schaltgetriebe bei, das sich mittels Schaltwippen am Lenkrad manuell bedienen lässt. Aktiviert der Fahrer den Sportmodus und transferiert den Fuß ungebremst gen Bodenblech, schreit der XKR aus allen Rohren, als gäbe es kein Morgen mehr. Kurze Gasstöße lassen ein kratziges Bollern entweichen, beim Zurückschalten gibt’s hier und da mal herrliches Rotzgeballer. Großes Lob an die Ingenieure: Diese Raubkatze hat wirklich Charakter. Wer es ganz ehrlich mag, schaltet das DSC komplett aus. Dann wird dieses Fahrzeug allerdings sehr leichtfüßig auf der Hinterachse und erfordert eine ruhige Hand. Warum ein Sportwagen dieser Klassifizierung bei 250 km/h abgeriegelt wird, mögen wohl nur die schlauen Köpfe bei Jaguar wissen. Ohne diese schmerzhafte Kastration wären problemlos 300 Sachen drin. Immerhin darf das XKR-S Coupé und Cabriolet dem 300er VIP-Club beitreten.
Im Innenraum wurde beim XKR kräftig aufgeräumt. Billig wirkendes Plastik vom ehemaligen Arbeitgeber Ford wurde bis auf wenige Ausnahmen aus dem Blickfeld verbannt. Und durch eine wesentlich anmutigere Einrichtung ausgetauscht. Die komfortablen Ledersitze lassen sich individuell einstellen und bieten einen guten Seitenhalt. Die Rücksitze sind wie so oft eher als zusätzliche Gepäckablage zu verstehen. Besonders schön anzusehen ist das aus dem XF bekannte Automatik-System mit dem Schaltrad, das beim Starten aus der Armatur herausfährt.
Der Trend zum Klappdach wurde bei Jaguar zum Glück nicht umgesetzt. Stattdessen darf sich der Fahrer über ein hochwertiges Stoffdach freuen. Daraus resultiert ein entsprechend großes Kofferraumvolumen von 313 Litern. Das rundum gefütterte, aus drei Schichten bestehende Dach bietet eine hervorragende Dämmung gegen Wind- und Fahrgeräusche. Leider lässt sich das Dach nur bis maximal 16 km/h öffnen und schließen. Hier ist die Konkurrenz schon wesentlich weiter. In knapp 18 Sekunden verschwindet das Verdeck unter einer Aluminiumabdeckung.
Fazit: Ein emotionales Paket, das Jaguar da auf die Pfoten gestellt hat. Elegantes Brit-Design trifft auf rassige Pferde unter der Haube. Herrlicher Blubbersound gesellt sich zu einem absolut alltagstauglichen Fahrzeug, das sich auf Knopfdruck in eine echte Raubkatze verwandelt. Tweety – pack deine Koffer…
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
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