“Schau mal, was ich Schönes habe”, poste ich per WhatsApp.” Oh, der passt perfekt zu meinen Fingernägeln!” bekomme ich als Antwort. Na, das fängt ja gut an! Der Audi R8 und ich, das ist irgendwie eine Kombi, die sich nie so richtig vertragen hat. Irgendwie war mir der Supersportler von Audi zu luschig geraten, zu soft.
So perfekt zu fahren, dass selbst ein 18-jähriger Fahranfänger innerhalb kürzester Zeit in der Lage wäre, flotte Runden über die Rennstrecke zu donnern. Aber: Es hat ein wenig Anlauf gebraucht, doch nun haben wir uns endlich gefunden. Wir mögen uns jetzt, sind gute Buddys geworden. Dafür brauchte es nur die folgenden Zutaten: Die neuste R8 Generation, S-Tronic und viele Termine in Deutschland. 3.200 Kilometer Überzeugungsarbeit, um genau zu sein.
Chilliger Charakter – Haptik auf höchstem Niveau
In der Liga der Sportwagen gehört der R8 definitiv zu den entspanntesten Vertretern seiner Gattung. Besonders wenn er so komfortabel ausgestattet ist wie dieser Testwagen. Die Haptik ist, man kann es einfach nicht anders sagen, perfekt. Die komfortablen Sportsitze bieten zwar nicht den besten Seitenhalt, bringen dafür aber eine famose Langstreckenbequemlichkeit mit sich. Alternativ gibt es auch Schalensitze. Besonders entzückt bin ich jedes Mal über die Kopffreiheit, denn im Gallardo wird grundsätzlich für die Förderung des krummen Rückens gesorgt.
Das elektronische Faltdach verschwindet dabei innerhalb von 19 Sekunden im Heck. Dafür muss man glücklicherweise nicht stehen bleiben, denn das Öffnen und Schließen funktioniert bis 50 km/h. Ist das Verdeck geschlossen, erstaunt es durch die gute Geräuschdämmung. Wer sich auf Dauer nicht von der Bang & Olofsun Anlage beschallen lassen möchte, kann auch das hintere Fenster öffnen und sich an den herrlichen Zehnzylinder-Klängen des Ingolstädters im Heck erfreuen. Einzig die Positionierung des Lenkrads ist in Verbindung mit dem ins Cockpit steigenden Türgriff etwas eng geraten. Eng zugeht es auch im nur 100 Liter großen Kofferraum des R8. Wer einen längeren Trip zu zweit plant, sollte bewusst verzichten können oder das Gepäck am besten gleich per Luftpost an den Zielort schicken.
Ein echter Alleskönner – Der R8 kann immer und überall
Fahrtechnisch ist der R8 ein Alleskönner. Kein Krawallmacher, kein Asphaltprolet. Im Gegenteil: der R8 ist eher ein geschmeidiger Geselle. Und so richtig schön smooth, wenn man ihn nicht im Sportmodus herumtrompeten lässt. Ausgeschaltet macht es viel mehr Spaß. An die Beute anschleichen wie ein Ninja und dann mit ordentlich Druck das Gaspedal in den Boden versenkt. Die Königskobra kommt zum Vorschein und schießt mit der Kraft der quattro in nur 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Dabei zerrt einen sofort die enorme Traktion und das maximale Drehmoment von 530 Newtonmetern tief in Sitze. Der Topspeed von 311 km/h versteht sich dabei von selbst. Im Alltag fährt er sich dagegen so entspannt wie ein A4 und begnügt sich trotz der 5 Liter Hubraum im Schnitt mit 12-13 Litern auf 100 km. Man mag gar nicht glauben, dass da satte 525 PS zur Verfügung stehen.Das adaptive Fahrwerk leistet sich keine relevanten Schwächen und federt Bodenunebenheiten straff aber souverän weg. Die sportliche Abstimmung ist dagegen nur den Einsatz auf der Autobahn oder flachen Rennstrecken á la Hockenheimring zu empfehlen. Auf unebenen Landstraßen fängt der R8 in den Kurven sonst das Hoppeln an. Grundsätzlich ist das normale Setup eigentlich optimal abgestimmt. Dazu kommt noch, dass die Bodenhöhe für einen Sportwagen erstaunlich human geraten ist. So muss man nicht bei jedem Parkhaus den berühmten Frontlippen Tod befürchten.
Dem Alltag entkommen – Der Sport Modus macht es möglich
Dieser Eindruck verpufft aber schnell, sobald der Sportmodus aktiviert wird. Dann giftet es mit viel Nachdruck aus den Vier Endrohren. Ich sage bewusst vier, denn optisch wird der V10 auf 2 große Blenden zurückgestuft. Diese Logik wird sich bei mir nie erschließen, ähnlich wie bei den S und RS Modellen von Audi. Die Gasannahme ist nun deutlich spontaner und die Gänge werden länger in den hohen Drehzahlen gehalten. Um den Thrill zu erhöhen, lässt sich das ESP in zwei Stufen deaktivieren. Hier scheint es noch einmal eine deutliche Überarbeitung gegeben zu haben, denn das ESP ist gefühlt lässiger geworden. Der Kurvenspeed ist enorm und im ESP Sport Modus werden sogar kleine Power Slides entspannt toleriert.Doch so lässig und entspannt sich der R8 nicht zuletzt auch wegen des Allradsystems Quattro fahren lässt, wer die elektronischen Helferlein komplett ausschalten möchte, sollte auch dementsprechend über das fahrerische Können verfügen. Der Ingolstädter ist gutmütig, verdammt gutmütig sogar und das schafft falsches Vertrauen. Irgendwann kommt der Augenblick, an dem das Heck sich eigenständig macht und das mit voller Wucht.
Trotz aller Gutmütigkeit: Mittelmotor bleibt Mittelmotor
Zu guter Letzt kommen dann doch die berühmten Mittelmotor-Allüren zum Vorschein. Mir wäre ein etwas ausgewogeneres Verhältnis zwischen Alltagsnutzen und Grenzbereich lieber gewesen, so wie man es im Gallardo zu spüren bekommt. Ein Fahrzeug dieser Kategorie sollte mir zu jedem Zeitpunkt Respekt einflössen. Genau dieser geht im R8 teilweise verloren, er vermittelt einem zu schnell und viel zu lange Vertrauen. Aber das sind nun mal zwei verschiedene Philosophien. Respekt ist es auch, der den meisten Leuten zu fehlen scheint, wenn sie den wie in unserem Fall über 200.000 Euro teuren Racer erblicken. Wahrt man beim Gallardo Bruder noch den Respektsabstand, ist es beim R8 halt doch nur ein Audi. Jeder grabbelt und grabscht herum. Das kann man mögen und tolerieren, man muss es aber nicht. Ein Eyecatcher ist er dennoch und er hat sehr vielen Leuten in meinen Freundeskreis viel Spaß bereitet.
Fazit: Es ist vollbracht. Wir mögen uns endlich. Der R8 hat bei mir einige Anläufe gebraucht, um Verzückung hervorzurufen. Irgendwie war der R8 in meinen Augen noch in einer Art Identitätsfindung. Jetzt, mit dem neuen Doppelkupplungsgetriebe Getriebe und den kleinen aber feinen Neuerungen, hat er es schlussendlich doch in mein Herz geschafft. Der Audi R8 ist eben nicht der Rabauke von der Rüpelbank.Er ist eher der chillige Kumpel. Der auch im rauen Winteralltag nicht im Stich lässt und selbst unter widrigsten Bedingungen immer unterstützend unter die Arme greift. Und wenn die letzten Sommertage noch für ein paar warme Brisen sorgen und der R8 entspannt der Sonne entgegenfährt, dann ist man einfach verzaubert. Ein Kamerad für jede Lebenslage.
Credits
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
Leistungsdaten 2013 Audi R8 V10 Spyder
Motor | V10 mit Trockensumpfschmierung |
Hubraum | 5.204 ccm |
Leistung in kw / PS | 386 kW / 525 PS bei 8.000 U/min |
0 auf 100 km/h | 3,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 311 km/h |
maximales Drehmoment | 530 Nm bei 6.500 U/min |
Gewicht | 1.820 kg |
Antriebsart | Allrad |
Kraftübertragung | Sieben-Stufen S-Tronic |
Länge / Breite / Höhe | 4.440 mm / 2.029 mm / 1.244 mm |
Kofferraumvolumen | 100 l |
Durchschnittsverbrauch (NEFZ) | 13,3 l / 100 km |
Tankinhalt | 80 l |
Co2 Emissionen | 310 g/km |
Preis | ab 165.900,00 inkl. MwSt. |
mehr Infos | http://www.audi.de |
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