Es war so spannend. Die letzten Monate, gefühlt schon fast Jahre, stellte BMW das Projekt i scheibchenweise vor. Im Sommer begann dann die finale Enthüllung des ersten der beiden Projekte. Der BMW i3 feierte sein Debut zeitgleich in drei Metropolen. Kurz danach kurvten bereits die ersten ungetarnten Modelle durch München. Im September durften auf der IAA in Frankfurt auf dem Messestand der Münchner auch die Besucher ein paar Runden (mit-)drehen. Und auch den i8 bewundern. Das Sportcoupé mit Plugin-Hybrid. Wir widmen uns aber nun nur dem i3, den wir Anfang Oktober erstmals auf öffentlichen Straßen testen durften. Das Spielfeld: Amsterdam und die nähere Umgebung bis hin nach Zandvoort.
Formensprache und Konstruktion
Das größte Alleinstellungsmerkmal des BMW i3 sind die verwendeten Materialien. Es ist hauptsächlich ein Mix aus Aluminium für das Drivemodul bzw. dem Fahrzeugunterbau und carbonfaserverstärktem Kunststoff für das Livemodul, der Karosserie. Die Konsequenz ein möglichst emissionsfreies Automobil herzustellen und zu betreiben, beginnt bereits in Moses Lake im US-Bundesstaat Washington. Dort werden im Joint-Venture SGL Automotive Carbon Fibers die Carbonfasern mittels lokal verfügbarer Wasserkraft gewonnen.
Am Standort in Wackersdorf werden die Fasern im zweiten Schritt zu leichten textilen Gelagen, so genannten Stacks, weiterverarbeitet. In den BMW Werken Landshut und Leipzig werden diese Stacks dann in jeweils drei Fertigungslinien zu CFK-Karosseriekomponenten verwandelt. Ein Heizwerkzeug verleiht dem zugeschnittenen Kohlefasergelege erst eine stabile dreidimensionale Form. Mehrere dieser Rohlinge können danach zu einem größeren Bauteil zusammengefügt werden.
Für die nötige Steifigkeit der Rohlinge wird im nächsten Prozess flüssiges Harz mit Hochdruck injiziert. Zusammengefügt werden all diese notwendigen Teile der Livemodul in Leipzig. Nahezu geräuschlos, da weder geschweißt noch genietet wird. Ein Spezialkleber sorgt bei jedem i3 auf einer Länge von 160 m für den notwendigen Halt. Die Außenhaut der CFK-Karosse besteht bis auf das Carbondach ausschließlich aus Kunststoff.
Diese Kombination aus Carbon, Aluminium und Kunststoffen ist nicht nur weltweit einzigartig, sondern lässt den BMW i3 trotz des schweren Batteriepakets nur rund 1,2 Tonnen wiegen. Ein Wert, der bei reinen Elektrofahrzeugen als neuer Maßstab zu gelten hat.
Fahrspaß und Ausstattung
Amsterdam ist ein Zentrum der Elektromobilität in Europa. Kaum eine andere Stadt bietet so viele öffentliche Ladestationen. Über 700 sollen es sein. Der Navigationsbildschirm quoll vor lauter Icons manchmal über, sodass diese Anzahl auch ohne gewissenhafte Nachprüfung durchaus Bestand haben kann. Los ging es mit unserer lautlosen Fahrt am Flughafen Schiphol in Richtung Zandvoort.
Überraschend aber erstmals der Einstieg in den BMW i3. Sich gegenläufig öffnende Türen, da haben die Kollegen von Rolls Royce Pate gestanden und der im Verhältnis zur äußeren Carbon-Kunststoffschale riesig wirkende Innenraum. Damit nicht genug befindet sich die Verarbeitungsqualität trotz seltsam wirkender Materialien auf einem hohen Niveau.
Diese Materialien tragen dem Gesamtkonzept Rechnung, weil sie beispielsweise in den Bereichen des Instrumententafelträgers und der Türverkleidung aus Nawaro, den nachwachsenden Fasern der Kenaf-Pflanze bestehen. Ansonsten ist alles, vom Lenkrad bis hin zu den Bedieneinheiten der Klimatisierung, des iDrive und sonstiger Elemente typisch BMW.
Rechts oben neben dem Lenkrad ist der Startknopf und der Wählhebel des stufenlosen Getriebes befestigt. Einmal gestartet zeigt sich im Display im Blickfeld das Wort “ready” und zudem die vorhandene Reichweite. Mittig auf dem Armaturenträger befindet sich der 10,2 Zoll große Multifunktionsbildschirm, der über den iDrive-Drehrücksteller angesteuert wird.
Serienmäßig aufgerüstet mit dem ansonsten rund 3.000 Euro teuren Navigationssystem Professional. Das zusätzlich eine Besonderheit aufweist, die es so noch nicht einem Automobil gegeben hat. Das intermodale Routing zur Reiseplanung mithilfe öffentlicher Verkehrsmittel, die Anzeige von Ladestationen und ein Reichweitenassistent. Dazu ein praktisches Beispiel, wie im Fall unserer Testfahrt in Amsterdam.
Für die Vielzahl an BMW i3 Testfahrzeugen musste ein geeigneter Ort wie ein Parkhaus mit möglichst vielen Ladestationen ausgewählt werden. Das Hotel für die Übernachtung war dagegen ein gutes Stück davon entfernt. Mittels des Routings wurde diese Distanz berechnet und mit der Möglichkeit, die entsprechenden öffentlichen Verkehrsmittel inkl. Abfahrts- und Ankunftszeit zu nutzen.
Wer lieber einen Spaziergang machen wollte oder wie in unserem Fall mit der für Amsterdam so typischen Fahrrad-Rikscha transportiert wurde, dem wird auf dem Smartphone, das per App mit dem i3 verbunden ist, über Google Maps die Karte und die geeigneten Wege angezeigt.
Die App kann aber noch mehr. Zum Beispiel faktisch als Steuerungsgerät für eine Standheizung im Winter oder respektive für die Kühlung im Sommer genutzt werden. Denn hat der i3 genug Strom an Bord, auch der Ladezustand wird von der App angezeigt, oder hängt eh am Kabel, wird der Innenraum wunschgemäß vor der Abfahrt klimatisiert.
Apropos Laden. Das kommt schließlich bei einem Elektromobil vor dem Fahrspaß. Ein Kabel mit 5 m Länge, das an jede Haushaltssteckdose passt, liegt dem BMW i3 bei. Soll es schneller gehen mit dem Aufladen, als die rund 5 Stunden, müssen für ein Schnelladekabel zusätzlich 199 Euro locker gemach werden. Dann dauert es gerade einmal 30 Minuten, um die leere Batterie auf 80 Prozent zu bringen.
360° Electric bei BMW i
BMW baut mit dem i3 nicht „nur“ ein komplett neuartiges Automobil. Das Mobilitätskonzept 360° Electric basiert auf vier Säulen, die die Bereiche Aufladen zu Hause, Aufladen an öffentlichen Ladestationen, Mobilitätssicherung sowie die zügige Problembehandlung bei einem liegengebliebenen Fahrzeug. Die zu Hause montierbare BMW i Wallbox Pro lädt den i3 in 3 Stunden vollständig auf. Zudem unterstützt BMW die Kunden, die sich einen Carport mit Solarpanels entscheiden.
Wer im eigenen Heim über keine Möglichkeit verfügt, seinen i3 zu laden, kann dies bei kooperierenden Parkhausbetreibern oder öffentlichen Ladestationen erledigen. Sollte die Reichweite des i3, die im Alltag zwischen 130 und 160 km beträgt, nicht ausreichen, können individuelle Jahreskontingente zum Beispiel für die Urlaubsreise oder sonstige längere Fahrten gebucht werden.
Antrieb
Der Hybrid-Synchronmotor des BMW i 3 leistet 125 kW (170 PS). 250 Nm Drehmoment liegen mit dem kleinsten Druck auf das Gaspedal an und beschleunigen den i3 in 7,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Neben dem reinen Elektroantrieb hat BMW für den i3 noch ein Pfund mehr in der Hand. Mit dem Range Extender, einem Zweizylinder-Motor, der als Generator dient, wird die Reichweite mittels eines 9-Liter-Tanks deutlich auf rund 240 – 300 km erhöht. Für dieses Beruhigungspolster verlangt BMW einen Aufpreis von 4.500 Euro.
Sind die Fahrleistungen bereits typisch BMW, sind es Fahrwerk und Fahrkomfort ebenfalls. Mit dem Radstand von 2,57 m ist der BMW i3 auch auf holprigen Straßen gut unterwegs, Schläge dringen so gut wie nicht durch die reichlich dünnen Sitze, deren Beinauflage länger sein könnte. Cool sind jedem Fall die erstaunten Blicke, wenn der i3 all den anderen beim Ampelstart auf und davon fährt.
Verbrauch? Nun, mit dem Range Extender sind es dramatische 0,6 Liter auf 100 km. Der rein elektrische Antrieb reduziert sich auf Summen, von denen selbst der sparsamste Diesel ganz weit weg ist. 152 Euro sind es im Monat, wenn die jährliche Laufleistung bei 15.000 km liegt und der über die Kooperation mit der Naturstrom AG 25,75 Cent pro kWh kostende Strom geladen wird. Dazu kommen niedrigere Wartungskosten und bei klugem Einsatz der Rekuperation, wo der i3 allein durch die Wegnahme des Gases langsamer wird, kaum noch der Verschleiß von Bremsbelägen.
Fazit
Erwartungen erfüllt? Nein, Erwartungen mehr als übertroffen. Der BMW i3 ist ein faszinierendes Automobil, das alle bis dato produzierten Elektroautomobile in diesem und auch etwas höher angesiedelten Segmenten in den Schatten stellt. Klar scheinen 34.950 Euro für ein Automobil dieser Klasse hoch gegriffen. Ausstattungsbereinigt und vor allem im Vergleich zu den Mitbewerbern, die allein konstruktionstechnisch Galaxien entfernt sind, ist der BMW i3 ein preiswertes Fahrzeug. Da lohnt sich ein Nach- oder Umdenken umso mehr. Ganz einfach weil der BMW i3 für viele Zeitgenossen das ideale Automobil sein könnte. (ds)
Technische Daten: BMW i3
Motor: Hybrid-Synchronmotor elektrisch
Getriebe: Stufenlos
Nominalspannung: 360 Volt
Leistung in kW/PS bei xy U/min: 125 kW (170 PS)
Max. Drehmoment: 250 Nm
Länge/Breite/Höhe: 3.999/1.775/1.578 in mm
Radstand: 2.570 in mm
Leergewicht: 1.195 kg
Zul. Gesamtgewicht: 1.620 kg
Kofferrauminhalt: 415 – 1.380 l
Bereifung: 155/70 R 19
Felgen: 5 x 19? Leichtmetall
Beschleunigung: 7,2 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h (abgeregelt)
Preis: 34.950 Euro inkl. MwSt.
Teilen mit:
- Klick, um auf Facebook zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um über Twitter zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Pinterest zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Tumblr zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf LinkedIn zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klicken, um einem Freund einen Link per E-Mail zu senden (Wird in neuem Fenster geöffnet)
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.