Es gibt im Leben einige Chancen. Sie müssen nur genutzt werden. Die von sogenannten Experten vor einigen Jahren bereits als tot bezeichnete Marke Opel stieg auf wie einst Phönix aus der Asche. Mit witzigen, bunten und vor allem nutzwertigen und qualitativ hochwertigen Automobilen. Denken wir an Adam, Corsa, Mokka und vor allem das immer noch bestens im Saft stehende Flaggschiff Insignia. Der neue Astra soll dieser Offensive das Pünktchen auf das i setzen. Mitte September konnten wir mit dem künftigen Umsatz- und Gewinnträger der Rüsselsheimer in und um die slowakische Hauptstadt Bratislava die ersten Runden drehen.
Fast schon filigran wirkt der Astra in seiner elften Generation. Gerade einmal 4,37 m lang, ist das neue Modell gegenüber seinem Vorgänger um 50 mm geschrumpft. Innen ist er dagegen gewachsen. 35 mm in der Beinfreiheit für die Passagiere auf den hinteren Plätzen, 22 mm mehr Kopffreiheit für den Fahrer.
Eine große Querspange verbindet im oberen Bereich des Kühlergrills die beiden Scheinwerfer. Das verleiht dem Astra ein freundlich grinsendes Gesicht. Die Seitenlinie wird durch drei Linien bestimmt, deren untere, wie es der Astra-Chefdesigner Uwe Müller ausdrückt, am Ende der hinteren Tür, nach oben schießt. Das Heck wird durch ein kluges Licht- Schattenspiel in die Breite gezogen. Dazu betonen die LED-Rücklichter die daraus entstehende Dynamik.
Das viel gescholtene und mit Knöpfen übersäte Cockpit war einmal. Klare Linien und nahezu perfekte Ergonomie tauchen den neuen Astra in ein ganz anderes Licht. Positiv nehmen wir den Touchscreen wahr. Dazu eine Leiste für Regulierung der Temperatur und das Multifunktionslenkrad, das fast alle Ansteuerungen erlaubt.
Im Vorgriff auf die Ausstattungspalette des Opel Astra müssen die herausragenden Ergonomie-Sitze mit dem Gütesiegel der Aktion Gesunder Rücken Erwähnung finden. Die beiden Vordersitze sind für alle Varianten für einen sensationell niedrigen Aufpreis von 685 Euro zu bekommen und sollten unbedingt den Weg auf die Ausstattungsliste finden.
Fahrverhalten
Die Motorenpalette des neuen Astra ist in erster Linie auf Effizienz ausgelegt. Für die erste Astra-Welle spannt sich die Leistung von 70 kW (95 PS) bis 147 kW (200 PS). Stärkere Triebwerke wie unter anderem auch wieder ein OPC sind definitiv nicht ausgeschlossen. Opel setzt im Gegensatz einem Wolfsburger Hersteller ganz und gar auf manuelle Getriebe sowie das automatisierte Schaltgetriebe Easytronic und eine reibungsoptimierte Sechsgang-Automatik. Die Schaltwerke sind teilweise bestimmten Motoren zugeordnet, dazu aber später mehr.
Wir haben uns für den ersten Tag bewusst den 3-Zylinder-Turbo ausgesucht. Unsere Testroute führte uns vom Wiener Flughafen Schwechat über Bratislava in die kleinen Karpaten. Brav die jeweiligen Tempolimits einhaltend, verbrauchte unser Astra gerade einmal 6 Liter auf 100 km. Dieser Wert liegt deutlich über der Verbrauchsangabe von Opel, die kombiniert 4,4 Liter betragen soll. Zur Ehrenrettung der Rüsselsheimer müssen wir allerdings anführen, dass die Bergstraßen in den Karpaten Alpenpässen gleichen und dazu immer die Klimaautomatik in Betrieb war.
Erstaunlich positiv überraschte uns die ausgezeichnete Laufruhe des kleinen Triebwerks. In höhere Drehzahlen etwas abgeschnürt wirkend, gab er sich selbst bei Bergauf-Passagen und Überholvorgängen keinerlei Blöße. Die 105 PS werkeln brav und leise vor sich hin, sodass wir den Kleinen als echten Favoriten und als klare Kaufempfehlung sehen.
Richtig flott und dabei durchaus sparsam waren wir mit dem 110 kW (150 PS) starken 1,4-Liter-Turbo-Benziner auf unserem Weg von Bratislava zum Wiener Flughafen unterwegs. Die konsequente Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung in beiden Ländern brachte ein Ergebnis von 6,3 Litern auf 100 km.
Für den Dreizylinder steht neben dem manuellen Fünfgang-Getriebe zudem die Fünfgang-Easytronic der dritten Generation zur Wahl. Der Aufpreis von 700 Euro erscheint uns preiswert und garantiert im Stopp-and-Go-Verkehr bequemeres Fahren.
Die Sechsgang-Automatik ist im Moment dem 150-PS-Benziner und dem 136-PS-Diesel vorbehalten. Die 1,6-Liter-Selbstzünder sind zudem mit 95 bzw. 110 PS erhältlich und stammen aus der neuesten Generation der sogenannten Flüsterdiesel. Last but not least sei der 200 PS starke 1,6-Liter-Turbo-Benziner zu erwähnen, den wir in einem ausführlichen Fahrbericht Anfang des kommenden Jahres vorstellen werden.
Ausstattung
Bei 17.260 Euro geht es mit dem 1,4-Liter-Benziner, der 74 kW (100 PS) leistet, los. Mit der Basisausstattung Selection, die laut Angaben von Opel Pressesprecher Patrick Munsch gerade einmal 5 Prozent Marktanteil erzielen wird. Mehr erhofft sich Munsch von den folgenden Linien Edition sowie Dynamic und Innovation. Wobei wir mit unserem 1-Liter-Kumpel die letztgenannte bevorzugen, da diese im Preis- Leistungsverhältnis das beste Package aufweist.
Zu diesem Package gehören unter anderem eine Front- und Rückkamera, eine Zweizonen-Klimaautomatik, die Einparkhilfe vorne wie hinten, eine Stoff- Lederkombination für das Gestühl, das Sichtpaket mit Regensensor sowie Opel OnStar.
Opel OnStar ist in dieser Klasse und der automobilen Welt insgesamt eine Rarität. Einzig BMW ist seit Jahren mit einem ähnlichen System unterwegs. Herausragend das Callcenter mit freundlichen Mitarbeitern, die sich um die Anliegen der Anrufer aus dem Opel OnStar-System kümmern. Neben Services wie dem überspielen von Zielen in das 790 Euro kostende Navi 900 IntelliLink sind unter anderem ein 24-h-Notruf-Assistent sowie ein 4G/LTE-Hotspot integriert.
Beeindruckend und voller Leuchtkraft geht die Aufzählung der Innovationen von Opel in der Kompaktklasse weiter. Das IntelliLux LED Matrix Licht demokratisiert laut der Aussage von Opel-Sprecher Patrick Munsch die sonst nur wesentlich teureren Oberklasse-Modellen vorbehaltene Ausstattungsfeatures. Sinnvollerweise wird das LED Matrix Licht mit dem Innovationspaket für 1.750 Euro (ausschließlich für Innovation erhältlich) bestellt. Für die Variante Dynamic ist es separat für 1.150 Euro erhältlich, die anderen beiden Linien müssen darauf verzichten.
Wir haben uns das IntelliLux LED Matrix Licht bei einer Nachtfahrt über Autobahnen, Landstraßen und kleine slowakische Dörfchen rund um Bratislava näher betrachtet. Im Auto-Modus der Lichteinstellung ist man grundsätzlich mit Fernlicht unterwegs. Allerdings wird weder der entgegenkommende noch der vorausfahrende Verkehr geblendet. Die LED werden, überwacht durch die OpelEye-Kamera, entweder zu- oder abgeschaltet und leuchten jeweils die dunklen Stellen aus.
Das Auge des Opels kann aber noch viel mehr. Die für den Innovation serienmäßige Kamera (Edition 650 Euro, Dynamik 500 Euro) beinhaltet die Abstandsanzeige, den Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung, den Verkehrsschild- sowie den Tote-Winkel- und Spurhaltassistenten.
Fazit
Die Chance von Opel die über die letzten Jahre dramatisch gefallenen Marktanteile signifikant zu erhöhen, war nie größer. Die Basis mit den kleinen Modellen ist erfolgreich implementiert, der Astra setzt sich nach oben ab. Und wird dem Platzhirschen aus Wolfsburg extrem gefährlich. Ja, in manchen Features übertrumpft er den Golf im besonderen Maße. Vor allem mit den LED-Matrix-Scheinwerfern sowie Opel OnStar. 30.000 Vorbestellungen aus Europa geben unserer Einschätzung Recht, dass Opel mit dem neuen Astra tatsächlich einen Quantensprung vollzogen hat. (ds)
Technische Daten: Opel Astra 1.0 Ecotec Dynamic (Referenzmodell)
Motor: 3-Zylinder-Benziner
Getriebe: Fünfgang-Schaltung
Hubraum: 998 ccm
Leistung in kW/PS bei xy U/min: 77 kW (105 PS)/5.500
Max. Drehmoment: 170 Nm bei 1.800 – 4.250 Umdrehungen pro Minute
Länge/Breite/Höhe: 4.370/1.8091.485 in mm
Radstand: 2.662 in mm
Leergewicht: 1.236 kg
Zul. Gesamtgewicht: 1.780 kg
Kofferrauminhalt: 370 – 1.210 l
Bereifung: 205/55 R16
Felgen: 6,5 x 16? Leichtmetall
Beschleunigung: 11,2 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Tankinhalt: 47 l
Kraftstoffverbrauch kombinierter Verkehr: 4,4 l auf 100 km
Preis: 21.860 Euro inkl. MwSt.
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