Mal ehrlich, denkt man beim Namen Cadillac nicht immer gleich an Elvis’ Mutti? An chillige Straßencruiser, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen? Die Zeiten sind definitiv vorbei. Cadillac hat aufgeräumt und baut jetzt wieder echte Männerkarren mit markantem Design. Wer richtig gut bedient werden möchte, der greift zur V-Serie, dem US-Pendant von AMG, BMW-M und Co.
Wir testeten das Cadillac CTS-V Coupé da, wo es sich gehört, in den Staaten. Am Flughafen von Los Angeles begann unser 2000 km langer Roadtrip über die Straßen von Kalifornien und Nevada. Und dabei hat sich die New Generation unter den Muscle Cars dabei ganz adäquat angestellt.
Außen- und Innenraumgestaltung
Das Cadillac CTS-V Coupé gibt sich als markanter Donnerkeil mit Ecken und Kanten. Das Weichspülprogramm wurde direkt übersprungen. Selbstsicher präsentiert er sich und möchte bewusst vom europäischen Design abgrenzen. Das macht ihn sympathisch, polarisiert aber auch gerne.
Ein großer Chromgrill und die hochgestellte Frontlichter geben dem CTS ein markantes Gesicht. Die Seitenlinie ist mit langer Haube und kurz abschließendem Heck klassisch in Coupé Form gehalten worden und erinnert ein durch die Linienführung an einen Stealth Fighter. Besondere Details sind hier das kantige Bremslicht im Bumerang Design sowie die mittig platzierten Endrohre.
Motor und Fahrleistung
Unter der Motorhaube werkelt ein alter Bekannter aus der Corvette ZR-1. Kompressorgeladene 564 PS / 415 kW aus 6,2 Litern Hubraum geben den 19 Zoll Pneus auf der Hinterachse ausreichend Kraft zum Voranschreiten. Fahrer und Beifahrer werden rigoros in die Bestuhlung gepresst, wenn das Gaspedal dem schnellen Flirt mit dem Bodenblech erliegt. Leider wurde dabei der Sound der Vette nicht übernommen, sondern auf ein Minimum reduziert. Kein Blubbern, kein Sprotzeln, kein Brabbeln – einzig in den höheren Drehzahlen darf der V8 sich ein wenig zu Wort melden. Wie es richtig geht, zeigt kurioserweise das deutsche C63 AMG Coupé. Bitte nachbessern!
Bei 4,4 Sekunden von 0 auf 100 hätten es die Cops wahrlich schwer, uns zu folgen – und erst recht nicht bei 282 km/h Topspeed. In der manuell geschalteten Version sind sogar 308 km/h drin. Der angegebene Durchschnittsverbrauch von 14,7 Litern ist durchaus zu erreichen – mit angeschaltetem Tempomat und maximal 100 km/h auf der Nadel….
Interieur und Komfort
Ein amerikanisches Auto sollte eines primär können: Langstrecke fahren und dem Fahrer dabei ein Wohlgefühl übermitteln. Und dafür muss auch das Interieur stimmen. Hier wartet der CTS mit einer erstaunlich feinen Haptik auf. Vom Alcantara Lenkrad bis zu den hochwertigen Kunststoffeelementen in der Mittelkonsole wurde alles sauber verarbeitet. Die gemütlichen Sport-Ledersitze hüllen Fahrer und Beifahrer behutsam ein und bieten einen hervorragenden Seitenhalt. Die hinteren Sitze darf man eher als Mitfahrgelegenheit wahrnehmen.
Schön anzusehen ist das Touchscreen Display, das bei normalem Einsatz nur ein Viertel von sich präsentiert und bei Navigationseinsatz komplett aus der Armatur rausfährt. Nicht glänzen kann dabei die Auflösung, denn die ist von vorgestern. Die Handhabung der Navigation ist umständlich geraten und lässt sich nicht während der Fahrt bedienen, dafür pustet einem die Bose Surround Anlage die Gehörgänge frei. Die Sicht nach hinten ist schlichtweg eine Katastrophe, man kann es nicht anders ausdrücken. Ein Tribut an das Design. Die Rückfahrkamera und Parksensoren sind beim Einparken keine Hilfe, sondern Pflicht. Im Kofferraum ist genug Platz für zwei große Koffer.
Fahrwerk und Performance
Auf der Strecke von LA über die Mojave Wüste nach Vegas wird das Fahrwerk aufgrund der unterschiedlichsten Asphaltierungen ordentlich auf die Probe gestellt. Dabei hat sich das elektromagnetisch gesteuerte Fahrwerk – kurz “Magnetic Ride” hervorragend bewährt. Dank elektronischer Sensoren an den Rädern reagiert das Fahrwerk innerhalb von Millisekunden auf Unebenheiten und justiert die Stoßdämpfer im Tour Modus auf einen straffen, aber dennoch sehr komfortablen Level.
Im Sport Modus geht der V mit den Passagieren nicht mehr so zimperlich um und lässt ihn die knallharte Realität spüren. Vom Don Juan zum Rambo – das gefällt. Ebenso gefiel die souveräne Sechs-Gang-Automatik, die zügig auf Gasbefehle reagierte. Einzig schnelle Kickdowns kann sie nicht umgehend umsetzen, hier sind die Schaltwippen erste Wahl.
Ein gelungenes Auto im Vorwärtsbetrieb, wie schaut es jedoch mit der Querdynamik aus? Dafür ging es nach unserem Vegas Trip auf den berüchtigten Mullholland Highway im Norden von Los Angeles. Im Sportmodus zirkeln wir mit Vollgas durch die ersten Kurven. Der Cadi lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen, doch dann kommt sie – die berühmte Snake. Ein Teilabschnitt des Mullholland, der für seine extremen Verwindungen bekannt ist.
Es geht rasant in die erste Kurve. Das ESP zickt und regelt die Kraft herunter. Ok, brauchen wir hier ohnehin nicht, also raus mit den elektronischen Helfern. Die Hinterachse presst nun ungefiltert seine maximal anstehenden 735 Newtonmeter Drehmoment in den Asphalt und visiert die nächste Haarnadelkurve an. Ein harter Tritt auf die Brembo Hochleistungs-Bremse zerrt in die Gurte und rammt mich beim Herausbeschleunigen am Kurvenausgang wieder in die Sportsitze.
Grinsen macht sich breit, der CTS-V ist in seinem Element. Auch löst das doch recht hohe Gewicht keine Schweißausbrüche aus, das Fahrwerk wurde wirklich sauber auf das Auto abgestimmt und arbeitet sehr souverän mit dem Hinterachsperrdifferential zusammen. So bleibt das Coupé immer ausgewogen auf dem Asphalt. Erst bei der
Erst bei der Kombination aus Provokation und hoher Drehzahl geht es vorhersehbar quer ums Eck. Die Lenkung dabei bleibt immer knackig und präzise. Gelernt hat er das nicht an beliebiger Stelle, sondern auf der berühmten Nordschleife, wo schon die Limo Variante in unter acht Minuten eine Bestmarke gesetzt hat.
Automatik oder Manuell?
Kapitulieren muss hier allerdings die sonst so souveräne Automatik. Sie kommt nicht mit den hektischen rein- und rausbeschleunigen klar, auch im manuellen Modus mit den Schaltwippen ist Vordenken angesagt, sie schaltet nicht immer willig herunter. Zum Glück lässt Cadillac dem Kunden die Wahl, ob er einen Automatikhebel oder manuellen Ganghebel in der Mittelkonsole beherbergen möchte.
Fazit:
Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Cadillac baut Sportlimousinen – und was für welche. Mit 564 Pferden setzt das CTS-V Coupé eine Referenzmarke und drängelt sich ganz ungeniert in die deutsche Elite rein. Dabei macht er keine schlechte Figur und bleibt absolut auf Augenhöhe mit seinen Gegnern. Hoffen wir, dass er auch in Europa seine Fans findet – denn das ist ein Auto für Elvis und nicht für seine Mama!
Technische Daten | 2012 Cadillac CTS-V Coupe |
---|---|
Typ | V8 Kompressor |
Hubraum | 6.162 cm³ |
Leistung | 415 kW/ 564 PS bei 6.100 U/min |
Drehmoment | 747 Nm bei 3.800 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 4,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 307 km/h |
Getriebe | 6-Gang-Automatikgetriebe |
Durchschnittsverbrauch | 14,1 Liter/ 100 Kilometer |
CO2-Emission | 328 g/km |
Abgasnorm | EU5 |
Leergewicht | 1.920 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 2.300 kg |
Zuladung | 380 kg |
Länge | 4.826 mm |
Breite | 1.884 mm |
Höhe | 1.392 mm |
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
Welcome to Germany Mister Cadillac CTS-V Coupé
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