Es sollte exakt 168 Tage dauern. Es sollten 9.316 km Luftlinie überwunden werden. Es sollte einfach Schicksal sein, dass wir uns endlich wieder gegenüberstanden. Caddy oh Caddy, nun bist Du endlich auf meinem Boden. Und hier gelten meine Regeln.
Soviel Spaß wir auf unserem 2.500 kilometerlangen Roadtrip im sonnigen Kalifornien auch hatten, es gab da noch ein paar klitzekleine Angelegenheiten zu erledigen. Wie zum Beispiel das Austesten der manuellen 6-Gang Schaltung. Der Wunsch wurde sogleich erfüllt. Die knackige Schaltung ist ein Genuss. Kurvenräubern macht es damit gleich doppelt so viel Spaß. Gedanklich war ich schon auf dem nahe gelegenen Spreewaldring und liebkoste den Asphalt Runde um Runde mit Deinen Pneus. Cadillac verneinte mit grimmiger Miene- klappte also leider nicht.
Auf der Autobahn ging es schnell zur Sache, die Drehzahlnadel tanzte Tango, der V8 spielte fröhlich Mundharmonika mit dem fleißigen Kompressor. Ein paar freundliche „Verzieh dich von meiner Spur!“Aufforderungen später ging es mit Vollgas voran. Nun durften sich die heckgetriebenen 564 Pferde (415 kW), die wir in den USA so schwer in Zaum halten konnten, voll ausleben.
Pedal down – graviere die Straße mit Deinen Namen, Baby. Das bereitet ihm keine großartige Mühe, zerren doch satte 747 Nm Drehmoment aus dem 6,2 Liter Kompressor Aggregat, das komplett aus Aluminium gefertigt und somit auch das stärkste Triebwerk in der bisherigen Geschichte von Cadillac ist. Damit geht es in nur vier Sekunden von 0 auf 100.
Die bei den Europäern ach so beliebte 250er Selbstbeschränkung rotzt der V grölend aus den Mittelendrohren heraus und knallt die Tachonadel munter weiter hoch. Der Freigang wird fix mit der Überschreitung der magischen 300 km/h Grenze belohnt. Maximal sind mit dem Schalter 308 km/h drin, der Automat zieht immerhin bis 282 km/h.
Doch Deutschland gleich Neidland. Ein unglaublich freundlich aufgelegter Fahrer setzte sich nicht blinkend auf die linke Spur und ließ uns gleich die brachiale Bremsanlage testen. Passte! Das süffisante Grinsen des Blockierers wurde beim Überholen ignoriert. Voller Freude ging es in kurvigere Gefilde, wo der CTS-V seine grandiose Nürburgring-Abstimmung voll ausleben konnte.
Das Handling ist top, Erinnerungen an wilde Windungen auf dem Mullholand Drive wurden wieder wach. Dafür sorgte die adaptive Servotronic Lenkung, die präzise Einlenkmanöver erlaubt und das Sperrdifferntial an der Hochleistungshinterachse, die nach dem bestmöglichen Grip sucht. Wer dann noch das Magnetic Ride Control System auf Sport stellt und die Elektronik abstellt, hat hier einen kleinen Racer im Luxusgewand vor sich.
Säuft? Säuft! Wurscht? Wurscht! Wer sich einen amerikanischen Traum erfüllen möchte und dazu auch noch ordentlich Krawall unter der Haube platziert hat, sollte diesbezüglich resistent sein. Nach wie vor enttäuschend kommt der Sound rüber, da muss mehr Krach rein. Es darf nicht sein, dass ein AMG V8 einem Ami V8 die Show stiehlt.
Ansonsten hat der Cadillac CTS-V die Testfahrt in Good old Germany mit Pauken und Trompeten bestanden. Schade ist nur, dass dieser Wagen, wie auch einige exzellente Vertreter aus Asien, hierzulande immer ein Exot bleiben wird. Doch wer ihn hat, der weiß, was die Anderen verpasst haben.
Ganz fertig bin ich aber noch nicht mit Dir mein lieber Caddy, schließlich waren wir noch nicht zusammen auf der Rennstrecke. To be continued….
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
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