Das erste Auto vergisst man nie. In meinem Fall war es 1999 ein VW Polo II. Tannenbaumgrün mit hässlichen Dekorstreifen und einem Hauch von Motörchen unter der Haube. Mit einem Liter Hubraum, einem kompromisslosen 4-Gang-Schaltgetriebe und brachialen 40 PS beschleunigte das Monster in satten 18,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Dem Geschwindigkeitsrausch wurde bei Tempo 145 km/h regulär ein Ende gesetzt- bergab in den Kassler Bergen kam er aber mit absoluter Selbstmordabsicht auf 180 km/h.

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Volkswagen Polo II
Jetzt stellt ihn Euch nur noch in Grün vor… dem furchtbarsten Grün auf Erden… ach ja und Dekorstreifen! (Quelle: Wikipedia)

Dabei massierte das dünne Lenkrad meine Handflächen und der Polo sprach schon sein letztes Gebet. Achtzehn Jahre später sitze ich wieder in einem Polo. Doch die neuste von Tomasz Bachorski und Marco Pavone kreierte Polo-Generation wirkt auf einmal so lebensbejahend und erwachsen.

2018 VW Polo VI

Im Gegensatz zum meinem Erstling ist der neue Volkswagen Polo VI satte 40 cm länger und 20 cm breiter – länger als ein Golf der dritten Generation. Uff! Dazu kommt ein schnittiges Blechkleid, welches ihn deutlich dynamischer auf seinen Pneus stehen lässt. Ob es nun an alter Sentimentalität liegt oder nicht, ich fand trotzdem dass der Polo II etwas mehr Charme hatte- auch wenn die Außenfarbe einfach nur zum würgen war.

Doch was kann der Neue im Gegensatz zu „meinem“ Baby besser? Alles! Oh wie hätte ich mir mit meinen jungen 18 Jahren damals das (optionale) Led-Licht gewünscht. So manch eine Landstraßen-Fahrt wäre dann deutlich entspannter gewesen. Dafür war es deutlich einfach die (immer und immer wieder ausgebrannten) Glühbirnen zu wechseln. Heute ist dazu ein Besuch in der Werkstatt fällig wobei LED-Scheinwerfer als äußerst langlebig gelten und somit eine gute Aufpreis-Investition.

2018 VW Polo VI

Irgendwie haben wir es damals geschafft uns zu viert zu fünft und nach manch einer harten Disconacht auch zu sechst in den Polo zu quetschen- 18 halt. Irgendwie frag ich mich wie wir das geschafft haben? Beim neuen Polo ist der Einstieg deutlich einfacher und komfortabler. 40 Zentimeter machen da eine Menge aus ebenso wie die zwei zusätzlichen Türen, schließlich war mein Polo ja nur als Dreitürer verfügbar.

Im Innenraum haben sich dann auch ein paaaar Dinge im Gegensatz zu damals verändert. Sagen wir es mal so… Es ist ungefähr das selbe Gefühl als wenn man direkt von einem Lada Niva in einen BMW 7er steigt. In meinem Polo war jeder Fahrt jenseits der 100 Kilometer Grenze mit einem stechenden Schmerz im Rücken verbunden, der Neue ist so entspannt abgestimmt, so easy zu lenken so komfortabel zu bedienen- es ist schon fast langweilig wie gut dieser Kleinwagen geworden ist. Dabei ist die Qualität ist für ein Fahrzeug dieser Preisgattung mehr als erhaben. Die Übersicht nach hinten war allerdings bei meinem Buddy-Polo deutlich besser. Dafür gibt es beim neuen ja lauter Piep Piep und Kameras um das zu kompensieren.

2018 VW Polo VI

Ganz besonders neugierig war ich natürlich beim Thema Sound. Ich war da recht einfach gestrickt. Pioneer Radio, Endstufe, vorne Bumm Bumm und hinten passten noch zwei Wohnzimmer-Lautsprecher in den Kofferraum. Das reichte in meiner damaligen Techno-Phase für mächtig Krawall in der Bude. Motto damals: Erst wenn die Nummernschilder scheppern ist es gut. Und sie schepperten!

Beim aktuellen Polo muss man sich über solche „Individualisierungen“ keine Sorgen machen. In der Mittelkonsole kommt das neuste – bis zu 8 Zoll große – Infotainmentsystem zum Einsatz, welches gut durchdacht wirkt. Aufpreispflichtig aber als analoger Tachoersatz absolut empfehlenswert ist dazu noch das hochauflösende 11,7 Zoll Active-Info-Display. Wer sich die Ausstattungsvariante „Beats“ bestellt bekommt 300 Watt um die Ohren gewedelt und hat dabei nicht wie ich damals das Problem, dass nichts mehr in den Kofferraum passt.

2018 VW Polo VI
2018 VW Polo VI

In der Basis bleibt es bei einem Einliter-Motörchen der allerdings deutlich effizienter und mit einem Zylinder weniger arbeitet. Danke 20 PS mehr an Power geht es damit in immerhin 15,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h , der Topspeed hat sich auf unglaubliche 164 km/h erhöht. Reicht zwar immer noch nicht für einen dauerhaften Aufenthalt auf der linken Spur aber die eine oder andere entspannte Langstreckentour lässt sich mit dem urbanen Cruiser durchaus absolvieren. Deutlich spaßiger dürfte hier der GTI Zweiliter-Turbo-Vierzylinder werden der es auf 200 PS / 147 kW bringt. Ende des Jahres kommt der Rabauke zum Einsatz, da sind wa ma gespannt!

Tja, das wars auch schon. Die Hamburg Rundfahrt mit dem neuen Polo VI war kurz aber sehr überzeugend. Auch wenn ich seit mittlerweile 15 Jahren mit Automobilen zu tun habe, war dies für mich ein ganz besonderes Erlebnis weil ich sehen konnte, wie sehr sich die Automobilwelt seit dem Erwerb meines Führerscheins verändert hat. Und so charmante der Kleine Polo auch war- hätte ich heute die Wahl zwischen den beiden, ich würde mich immer für den neuen entscheiden. Comfort beats Charisma! So einfach ist das!

Text: Mario-Roman Lambrecht 
Fotos: marioroman pictures

Nachtrag… beim Störbern im Archiv ist mir eingefallen dass ich schon bei der letzten Generation etwas nostalgisch wurde. Wer Lust hat kann sich den Bericht hier anschauen. 😉