Porsche fahren ist für mich wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Es ist für mich auch nach so vielen Jahren und so vielen getesteten Automobilen immer noch ein Privileg, die Modelle der Schwaben in meiner heimischen Garage beherbergen zu dürfen.

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Doch hängt mein Herz nicht am legendären 911er, Cayenne, Panamera oder Macan, die mir den Grinseprinz entlocken. Nein, es waren schon immer Boxster und Cayman, die ich favorisiert habe. Nun durfte der 718 Boxster GTS in der Garage seinen Platz einnehmen. Ob mir das Downsizing auf vier Zylinder schmeckt – Ihr werdet es erfahren.

Fahre ich einen Boxster, werde ich fast immer von meinem Freundeskreis aufgezogen. „Boxster Sssssss“ – so sehr ich „2 and a half men“ geliebt habe, die Liebesgeschichte zwischen Alan und seinem kurzfristigen Geschenk – eben den Boxster S – darf ich mir jedes Mal anhören.

Der wird nämlich direkt aufgezogen, dass der Boxster doch ein Frauenauto wäre, worauf er wiederum entgegnet, es handle sich doch hier um eine besonders sportliche Variante – nämlich dem Boxster Sssssss. Doch die Häme war gesät. Noch immer hallt dem Boxster der Ruf eines Frauenautos hinterher. Warum eigentlich? Am Konzept kann es nicht liegen.

Denn wer den Boxster oder seinen Coupe-Plattformbruder Cayman einmal intensiv fahren durfte, wird schnell merken, dass Porsche hier verdammt gute Arbeit geleistet hat. So gut, dass sie bewusst den Elfer vor einer Blamage bewahren, indem sie die Leistung so weit runterdrosseln, dass er der Legende mit dem eigentlich fehlkonstruierten Heckmotor nicht zu gefährlich werden kann.

Der Boxster hingegen hat seinen Motor wie sein grafisches Vorbild, der legendären Carrera GT, mittig im Heck platziert – und hat dadurch eine viel direktere Kurvendynamik. Ist der Elfer in seinen zivilen Varianten ein kommoder, fast perfektionsliebhabender GranTurismo, dürfen Boxster und Cayman noch spielen. Und das tun sie seit ihrer Geburt.

Eigentlich ziemt es sich auch nicht, dem Boxster böses zu unterstellen, hat er dem Konzern und damit dem großen legendären Bruder damals doch sprichtwörtlich den Arsch gerettet. Zumal Porsche immer interessiert an technischen Innovationen war, soll heißen sich immer weiterentwickelt hat. Wer einmal einen Elfer der ersten Generation fahren durfte und danach in einem aktuellen 991 saß, wird dem ohne jegliche Widerrede zustimmen. Das macht diese Marke so besonders. Egal ob Sportwagen, Limousine oder gar Geländewagen – ein Porsche ist ein Porsche ist ein Porsche!!!

Doch nun zurück zum 718 Boxster GTS. Mit der letzten Modellüberarbeitung wurde dem – hach er war so herrlich – grantig, grummeligen Boxer-Sechszylinder der Garaus gemacht. Stattdessen gibt es in der Basis nun aufgeladene Vierzylinder-Power im Heck. In der Basis mit 2,0 Litern Hubraum, ab dem S dann mit 2,5 Litern Hubraum. Grundsätzlich erst mal ein Grund, um zu meckern. ABER: Statt schnöder Volkswagen-Weltmotorenkost gibt es nach wie vor Boxer-Power. Halt nur mit zwei Zylindern weniger. Der Subaru Impreza lässt grüßen.

Fast wie maßgeschneidert für den GTS – Gepäck von Qwestion

Und genauso brabbelt es nun auch aus dem Heck, wenn die linke Hand den Schlüssel herumdreht. Es ist wie verhext – zum einen kullert mir eine Träne runter, weil mein geliebter Boxster nicht mehr frei atmen kann, zum anderen kullert mir eine andere runter, weil ich jetzt an die guten alten Zeiten mit der legendären Rallye-Legende Subaru Impreza WRX STI denken muss. Also Porsche – alles richtig gemacht.

Warum aber der Schritt der Zylinderkastrierung? Ist Porsche nun auch ein Opfer des bösen, doofen und allgemein als beschi§$§$en empfunden Downsizing-Trends geworden? Jain! Auch Porsche muss sich den Emissionsnormen fügen, aber hat mit dem Volkswagenkonzern als Ganzes nicht wirklich die Probleme damit. Der Hauptgrund, und das scheint vielen noch nicht bewusst zu sein, ist China.

Die Chinesen haben nämlich vor ein paar Jahren ein saftige Steuer für Luxusautos eingeführt, die sich nach dem Hubraum richtet. Soll heißen: Sechs Zylinder und 3,6 Liter Hubraum machen hier aus einem Sportwagen ein absolutes Luxusgut. Und da China nicht irgendwer ist, sondern nach und nach die USA als wichtigsten Automarkt ablöst, trickst und fügt man sich eben den regionalen Normen.

Und auf einmal geht ein Licht auf. Volvo? Baut nur noch noch Vierzylinder-Motoren. Jaguar? Hat auf einmal einen F-Type mit Vierzylinder am Start. Der Siebener BMW? Ist als nun auch als Vierzylinder-Plugin-Hybrid am Start. Camaro? Mustang? Ebenfalls mit vier Zylindern verfügbar. Nur ein paar Beispiele, die zeigen, wie wichtig die Asiaten für die Hersteller sind. Am Ende ist es also doch nur Business und zeigt, wie spassbefreit die Behörden da drüben im Osten doch sind. Haben wir also geklärt, warum der Boxster nun also weniger hat. Doch hat der Fahrspaß darunter gelitten? Wir überlegen nochmal. Unter Haube kommt nach wie vor ein Boxer zum Einsatz, der dank Turboaufladung für ein pralles Drehmoment auf der Hinterachse sorgt.

Zahlenfetischisten sollen auch bedient werden. Der Boxster 718 GTS stürmt in gerade mal 4,6 Sekunden (PDK: 4,1 Sekunden) mit einem maximalen Drehmoment von 430 Nm von 0 auf 100 km/h voran. 365 Pferde sorgen auch jenseits der 200 km/h für Schub. Lediglich ab 250 km/h hatte der Vorgänger gefühlt mehr Saft auf dem Kessel. Aber der Eindruck kann täuschen – erst bei 290 km/h geht dem Roadster die Puste aus. Doch zügig voranpreschen, das können mittlerweile sogar potente Diesel-Kombis recht eindrucksvoll.

Wo der 718 Boxster GTS erst richtig Zunder gibt ist da, wo der besagte Kombi in die Eisen gehen muss – in den Kurven. Dort beißt sich der schnittige Sportwagen bissig in den Asphalt – und lässt dank griffiger Sportsitze einzig den hoffentlich resistenten Gedärmen am Spaß der Querbeschleunigung teilhaben. Verschiedene Fahrmodi stehen dem Boxster GTS zur Verfügung, wer Sport+ wählt, bekommt die voll toxische Giftladung auf die Hinterachse.

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Jeder Lenkeingriff wird in Bewegung umgesetzt, jeder Gasstoß garantiert sofortigen Vorwärtstrieb. Das ist in der Hinsicht erstaunlich, weil Porsche es tatsächlich geschafft hat, dem Motor tatsächlich nach wie vor eine Saugercharakteristik einzuprogrammieren. Von einem Turboloch ist kaum was zu spüren. Da können selbst die Jungs von BMW noch was lernen, denn dem Motor im M3/M4 konnten sie das nicht abgewöhnen, weshalb spaßige Driftmanöver einen deutlich grazileren Gasfuß benötigen. Der Turbo-Boxster meistert solche Situationen, als ob es selbstverständlich wäre.

Immer noch am nörgeln, weil nur noch vier Zylinder die Adern des Boxsters bepumpen? Dann kommen wir halt mal mit Fakten. Tatort Nordschleife. 73 Kurven, 20,83 Kilometer, ehrfurchtsvoll auch die Grüne Hölle genannt. Sowohl 718 Cayman als auch 718 Boxster GTS brennen jeweils eine fantastische Zeit von gerade mal 07:40 in den legendären Asphalt – 16 Sekunden schneller als der Vorgänger Boxster GTS, 13 Sekunden schneller als der Cayman GTS. Warum? Weil er es kann. Beweislage abgeschlossen! Und mal ganz nebenbei. Der 718 Boxster kann noch mehr, als nur den Rabauken rauszulassen.

#jeffsache

Er kann auch komod und gemütlich. Einfach mal lässig cruisen, das kann er. Mit Sicherheits- und Komfortfeatures auf dem neusten Stand, alles haptisch perfekt und intuitiv durchdacht. Dazu noch dieses für Sportwagenverhältnisse schon fast unverschämte Kofferraumvolumen, dadurch dass der Boxster gleich zwei davon hat.

Mal abgesehen von der Corvette C7 Stingray, gehört der 718 Boxster GTS zu meinen liebsten Alltagssportwagen. Eben, weil er auch im Alltag ein äußerst reizvoller und durchdachter Begleiter ist.

In einem Forum habe folgendes Zitat vernommen: „Den neuen 4 Zylinder Motor finden überwiegend die Leute gut, die vorher keinen Porsche gefahren sind.“ Kein Wort darüber, dass Vierzylinderboxer in der Porsche Historie sehr weit und tief verankert sind. Nicht umsonst trägt die neue Boxster Generation den Beinamen 718, der auf den damaligen Supersportwagen Spyder verweisen soll.

Einem extrem erfolgreichen Rennwagen mit über 1.000 Siegen auf der Uhr. Der von 1953 bis 1961 als Vierzylinder seine Standhaftigkeit im Extremeinsatz unter Beweis gestellt hat. Nörgeln – das können besonders die Deutschen gut. Nach und nach kündigt sich nun bei Porsche auch die E-Mobilität an, dann gibt es wieder kräftig was zum Nörgeln. Und am Ende hat Porsche eh wieder recht gehabt. Und dann ist ein Porsche doch wieder ein Porsche ein Porsche – und verdammt nochmal ein Porsche. Meinetwegen auch als Ssssss!

Technische Daten 2018 Porsche 718 Boxster GTS

MotorBoxermotor mit Turbo-Aufladung
Hubraum2.497 ccm
Leistung365 PS (269 kW) bei 6.500 U/min
Beschleunigung 0 auf 100 km/h4,6 Sekunden
Beschleunigung 0 auf 200 km/h15,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit290 km/h
Gewicht1.375 kg
Verbrauch kombiniert
9,0 l/100 km
Co2-Emissionen kombiniert
205 g/km
Preisab 79.232,00 Euro
Weitere InfosPorsche

Credits

Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
Models: Tiffany, Taesh
Brille: Hamburg Eyewear
Tasche: Qwestion

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