Jaguar hört auf! Ab 2025 will der britische Premium-Hersteller sich vom Verbrennermarkt verabschieden und fortan als reine Elektromarke fungieren. Der gerade aufgefrischte I-Pace zeigte in unserem Test schon jetzt viel Potenzial.

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Die Big-Boys der Autoszene rümpften sich 2018 noch skeptisch die Nasen über diesen Elon Musk und seine niedliche Elektroautomobilwelt Tesla. Doch bei Jaguar schien man direkt angefixt von der Idee und brachte den I-Pace auf den Markt. Von Grund auf neu entwickelt kam auch eine neue Designsprache in den Fokus.

Design | Frei von Verbrennerbalast

Da sowohl Elektromotoren als auch Batterien im Unterboden ihr Werk verrichten bedarf es keiner langen Motorhaube. Auch kann durch das Konzept, mehr Raum auf weniger Länge untergebracht werden. Davon profitieren ganz besonders die Mitfahrer im Fond, die sich dank des Radstands von drei Metern über ausgesprochen viel Beinfreiheit freuen dürfen. Ein Luxus der sonst nur Käufern der Luxuslimousine XJ vorbehalten war.

2021 Jaguar I-Pace | Fanaticar Magazin / Mario-Roman Pictures

Dazu kommt, das Fahrer eines XJ es deutlich schwerer haben ihr Dickschiff in eine Parkgarage zu manövrieren. Dem I-Pace-Fahrer bleibt dies dank guter Übersicht und einer Länge von nur knapp 4,70 Metern erspart. Für den Rest sorgt eine Armada an Sensoren und Kameras. Alltagstauglich ist auch der auf bis zu1.453 Liter erweiterbare Kofferraum. Unter der Motorhaube ist noch ein zweites Ablagefach für die Stromkabel integriert. Sehr praktisch das zu trennen, wenn das Hamburger Schietwetter mal wieder sein Bestes gibt.

Optisch ist es den Designern gelungen die aktuelle Jaguar DNA zu erhalten. Der Jaguar I-Pace wirkt von allen Seiten modern und zugleich angriffslustig. Bei einem Auto dieser Klasse versteht sich der Einsatz von LED-Technik in den Scheinwerfern von selbst. Es ist eine wahre Freude zuzusehen wie der I-Pace die Straße in der Nacht optimal ausleuchtet, ohne dabei den Gegenverkehr zu blenden.

2021 Jaguar I-Pace | Fanaticar Magazin / Mario-Roman Pictures
2,2 Tonnen und trotzdem eine Rakete

In den Radkästen des Jaguar I-Pace schlummern imposante 22 Zöller (optional), hinter der sich eine bissige Bremsanlage verbirgt. Die ist auch nötig denn immerhin müssen hier 2,2 Tonnen im Zaum gehalten werden – die Schattenseite der Elektromobilität.

Die Elektromotoren sind an Vorder- und Hinterachse verbaut und bringen es insgesamt auf 400 PS (294 kW) . Das quasi sofort anstehende maximale Drehmoment von 696 Nm lässt sämtlichen Speck vergessen. Tempo 100 gibt es bereits nach 4,8 Sekunden. Maximal sind elektrisch begrenzte 200 km/h drin. Eins kann ich dazu sagen- auch nach zwei Wochen verging mir nicht die Lust an dieser Art der Leistungsentfaltung.

2021 Jaguar I-Pace | Fanaticar Magazin / Mario-Roman Pictures

Jaguar hat es dabei geschafft die Fahrcharakteristik des I-Pace trotz digitalem Dasein, erstaunlich analog zu gestalten. Die Lenkung ist präzise geraten, könnte aber in der Mittellage noch ein wenig mehr Feingefühl vertragen. Die Gasannahme ist hingegen sehr gut ausbalanciert worden und lässt fast schon ein analoges Gefühl alter Sauger mit Hubraum satt offenbaren. Auch das Fahrwerk kann man nicht oft genug loben, so gut schafft es je nach Modi den Spagat zwischen Sportlichkeit und Reisekomfort.

Reichweite bis zu 470 Kilometer – theoretisch

Und da kommen wir jetzt zum Thema, welches eigentlich immer mit der gleichen Frage beginnt – „Wie viel Kilometer schafft der denn?“ „Antwort? Offiziell bis zu 470 Kilometer. Ich in meinem persönlichen Alltag etwas über 350 Kilometer. Du? Hängt von Deinem Fahrprofil ab! Man kann nicht gleich Wunder von einem noch so jungen Fahrzeugkonzept erwarten. Der I-Pace war aber tatsächlich das erste E-Auto nach Tesla, mit dem ich mich von Hamburg nach Berlin getraut habe. Einfach weil er das Vertrauen weckt, dass er es kann. Das klappt mit Richtgeschwindigkeit 130 sogar sehr gut. Geladen werden muss dann trotzdem. Und genau da fängt der momentane Ärger an.

2021 Jaguar I-Pace | Fanaticar Magazin / MarioRoman Pictures

Denn Elektroautos sind auch massiv von einer ordentlichen Infrastruktur abhängig. Und damit sind nicht die überall lieblos hin gebastelten 11-22 kW Ladesäulen gemeint, sondern reisetaugliche Schnelllader. Hat man mal eine gefunden die tatsächlich nicht blockiert, deaktiviert oder mit der hundertsten App aktiviert werden muss, darf man sich dennoch auf eine Wartezeit von 30 bis 60 Minuten unter optimalen Bedingungen einstellen – je nachdem wie weit es noch geht. Bei der Suche hat sich das neue Pivot-System aber bestens bewährt.

Derzeit lädt der Jaguar I-Pace maximal 100 kW. Da hat die Konkurrenz mittlerweile schon aufgeholt. Aber derzeit ist es eh schwer eine Schnellladesäule mit mehr als 50 kW Leistung zu finden- besonders außerhalb der Großstädte. Kann aber Jaguar nichts dafür, muss man sich darauf einlassen. Wer als extremer Vielfahrer unterwegs ist, wird mit einem Elektrofahrzeug derzeit einfach nicht glücklich werden. So einfach ist das. Für das Facelift gab es zudem ein Upgrade auf eine dreiphasige Lademöglichkeit mit 11 kW Wechselstrom.

2021 Jaguar I-Pace | Fanaticar Magazin / MarioRoman Pictures

Nach gut 1500 Kilometern mit dem Jaguar I-Pace und davon mehrere längere Strecken bin ich immer noch extrem begeistert. Ja – Audi und co ziehen nach. Aber dieser Style, diese Smoothness, dieser Charakter! Der I-Pace hat eine gewisse Lässigkeit und wirkt zu keiner Zeit angestrengt. Das entschleunigt ungemein.

Vielleicht liegt es einfach an diese Lounge Atmosphäre im Innenraum. Mit edlen, sauber verarbeiteten Materialien. Oder dem neuen Pivot System welches über das sauber integrierte Touchscreen in der Mittelkonsole bedient wird. Oder einfach, weil Jaguar einfach so ein Streber ist und vor einfach mal in weiser Voraussicht so ein Brett auf die Straße gestellt hat. Der Vorsprung und das dadurch erlangte Wissen ist natürlich auch noch unbezahlbar.

2021 Jaguar I-Pace | Fanaticar Magazin / Mario-Roman Pictures
Fazit: So darf die Elektrozukunft gerne kommen

So oder so- der Jaguar I-Pace verdient viel mehr Aufmerksamkeit hierzulande. Und wo wenn nicht im Luxussegment ist Elektromobilität besser aufgehoben? Ein seidenruhiger Daimler-V12 konnte auch begeistern – sehr viel weiter als mit dem I-Pace kam man damit aber auch nicht. Einfach mal darauf einlassen. (mrl)

Technische Daten Jaguar I-Pace (2021- Facelift)
Motorzwei Permanentmagnet-Elektromotoren; synchron mit Einstufen-Planetengetriebe; konzentrisch
Batterie90kWh Li-ion; flüssigkeitsgekühlt, Pouch Zellen
AntriebAllrad
Leistung 400 PS / 294 kW
maximales Drehmoment 696 Nm
Höchstgeschwindigkeit200
Beschleunigung 0 auf 100 km/h4,8 Sekunden
Länge4682 Millimeter
Breite2139 Millimeter
Höhe1585 Millimeter
Leergewicht2208 Kilogramm
Maximalgewicht2670 Kilogramm
Anhängelast750 Kilogramm (ungebremst)
Kofferraumvolumen 656 Liter hinten / 25 vorne
Kofferraumvolumen bei umgeklappten Rücksitzen1453 Liter
Ladezeit 0 auf 100 % (7kW Wechselstrom)12,75 Stunden
Ladezeit 0 auf 100 % (11 kW Dreiphasen-Wechselstrom) 8,6 Stunden
Ladezeit 0 auf 80 % (100 kW Gleichstrom)circa 40 Minuten
Verbrauch kombiniert25,2 -22 kWh/100 km
CO2 Emissionen0 g/km
Reichweite (WLTP)470 km
Reichweite im Alltags-Test300 – 400 Kilometer
Gefahrene Kilometer1.570,1 Kilometer
Durchschnittsverbrauch nach Abgabe29,1 kWh/100 km
Preisab 77.300,00 Euro
Mehr Infos zum Jaguar I-PaceHersteller-Homepage

Credits

Fanaticar Magazin | Text: Mario-Roman Lambrecht | Fotos : MarioRoman Pictures