Die Definition eines perfekten Volkswagens dürfte von Land zu Land und von Budget zu Budget wohl sehr differenziert ausfallen. Der neue Taigo kommt diesen Anspruch aber sehr nah.
Die Brasilianer hatten da noch was gut zu machen. Schließlich haben sie uns den Fox beschert, der so gar keinen Latin-Flow mit sich brachte. In Europa stellt man den Fox 2011 nach sechs Jahren zugunsten des up! ein. Brasilien bliebt dem kleinen Fuchs aber noch bis 2021 treu.
Der Taigo ist nun der nächste Clou aus Brasilien und wirkt schon auf den ersten Blick deutlich geschmeidiger. Basierend auf der MQB-A0 Plattform, wo auch Polo, T-Cross, aber auch andere VW-Konzern-Modelle wie Skoda Scala, Audi A1 oder Seat Arona vom Band laufen, hat man hier gefühlt das Optimum rausgeholt.
Denn der direkte Bruder, der T-Cross ist hier fast überall im Nachteil. Die Sicht nach hinten ist aufgrund schmalerer Säulen und weiter nach hinten gezogener Seitenscheiben besser, die Kofferraumklappe öffnet deutlich einladender und kopffreundlicher. Regulär verliert der Kofferraum mit 440 Litern hier gerade mal 15 Liter. Mit umgeklappter Rückbank (60:40) sind es mit 1.222 Litern 60 Liter weniger. Verschmerzbar.
LED-Technik ist schon in der Basis serienmäßig verbaut – auf Wunsch gibt es Matrix-LED für die Frontscheinwerfer. Neben den Scheinwerfern führt jeweils eine Lichtleiste im Kühlergrill bis zum Logo. Auch sonst wirkt die Front, besonders in der von uns ausgeführten R-Line deutlich angriffslustiger. Die Seitenlinie mit moderner Fließheck… – sorry neudeutsch Coupe -…Linie lässt den Taigo 16 Zentimeter länger werden. Länger streckt sich nur noch der Skoda Scala. In der Höhe verliert das Coupe hingegen etwas, was aber der Aerodynamik zu kommt. Dementsprechend sportlich kommt auch das Heck daher. Die abschließende Lichtsignatur wurde verändert, der Kofferraumabschluss wirkt harmonischer.
Was Volkswagen immer darauf hat, ist, dass man selbst in den kleinsten Modellen Kopffreiheit hat. Wie schon beim Polo ist die Kopfhöhe trotz über 1,80 und Sitzriesenstatus immer noch mehr als ausreichend, keine Selbstverständlichkeit in der Klasse. Auch die hintere Sitzreihe ist für ein Fahrzeug dieser Klasse ausreichend bequem. Zahlreiche USB-C-Anschlüsse sorgen dafür, dass sich keiner um Saft für das portable Gerät streiten muss.
Zum Marktstart bietet Volkswagen vom Taigo drei Benziner-Motorenvarianten ab 19.965 Euro an, die optional mit drei Ausstattungsvarianten (Life, Style, R-Line) kombiniert werden können. Ab der Version “Style” ist auch der unbedingt empfehlenswerte 1,5 Liter-Turbo-Vierzylinder mit 150 PS (110 kW) und Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe verfügbar. Trotz erhöhter Bodenfreiheit bietet VW leider kein Allrad für den Taigo an. Schade.
Wer mindestens 31.210 Euro verschmerzen kann, der sollte sein Augenmerk auf den Vierzylinder werfen. Denn wie schon beim Test des neuen Polos angemerkt, Dreizylinder von Volkswagen schmecken irgendwie noch nicht so richtig. Der Vierzylinder hingegen ist grandios abgestimmt. Turbo, Doppelkupplungsgetriebe und Gasannahme harmonieren einfach so sauber, als wären sie schon immer füreinander bestimmt gewesen.
Den 0 auf 100 km/h Sprint erledigt der Deutsch-Latino in 8,3 Sekunden, maximal sind stabile 212 km/h drin. Der Tankinhalt wird mit 40 Litern angegeben, was im Alltag je nach Fahrweise für 450 bis 550 Kilometer ausreichte. Das Fahrwerk ist sehr harmonisch abgestimmt, federt gut ab, ist aber ausreichend straff für die eine oder andere ambitionierte Kurvenfahrt auf der Landstraße.
Auch, wenn der Taigo sich in urbaner Umgebung am wohlsten fühlt, ist er auch auf Langstrecke dank gemütlicher Sitze sehr angenehm zu fahren. Dank der besseren Einstiegshöhe und dem besseren Raumgefühl wäre er meine Wahl, wenn ich zwischen Polo und Taigo entscheiden müsste.
Zudem genehmigte sich der deutliche stärke Motor bei gleichem Fahrprofil mit knapp sieben Liter im Schnitt sogar einen halben Liter weniger als der Dreizylinder. In dem Segment sind Ford und Toyota einfach nochmal besser aufgestellt. Aber Volkswagen ist ja bekannt dafür, Technologien schnell zu perfektionieren.
Was nervt? Was wohl? Das Touch-Entertainment. Es reagiert nach wie vor viel zu langsam und auch, wenn man sich mal dazu durchringt das interne Navi nutzen zu wollen dauert es gefühlt Minuten bis es einsatzbereit ist. Apple Car Play hingegen agiert sogar kabellos und ist innerhalb von Sekundenbruchteilen einsatzbereit. Warum bekommt Volkswagen es nicht hin, das System wie bei Jaguar / Land Rover dauerhaft auf Standby zu halten? Ist das System aber erstmal fertig geladen, ist zumindest die Übersicht und Menüführung einigermaßen intuitiv gehalten, was aber nicht das Fehlen von haptischen Druckknöpfen entschuldigt. Wenigstens verzichtet man hier auf das Touchlenkrad aus dem Golf. Danke.
Wer sich übrigens nicht für das Top-Navi für 1630 Euro Aufpreis entscheidet, bekommt zwar ein kleineres Display in die Mittelkonsole, darf sich dafür aber über haptische Knöpfe und vor allem einen Lautstärkeknopf freuen. Zudem spart es dem Geldbeutel einen guten 1000er, wenn man sich nur für das Discover-Media-System entscheidet, die man zum Beispiel in die druckvolle Beats-Audioanlage und induktiver-Ladeschale investieren kann.
Zwar ist der Taigo schon in der Basis mit Features bestückt, aber das kann selbstverständlich nochmal optional alles optimiert werden. Statt serienmäßiger 16-Zoll-Bereifung gibt es bis zu 18-Zoll in den Radkästen. Das Panorama-Schiebedach kostet 930 Euro, die abnehmbare Anhängerkupplung 785 Euro. Unbedingt empfehlenswert sind die LED-Matrix-Scheinwerfer (1.195 Euro) die ab der Version Style serienmäßig verbaut sind.
Fazit: Der Volkswagen Taigo hat tatsächlich das Potenzial, zum Bestseller in seiner Liga zu werden. Er überzeugt mit einem guten Einstieg, sparsamen Motoren, einem guten Platzangebot und Parkhaus freundlichen Maßen. Ob man Touch mag, muss jeder für sich selbst entscheiden, auch die Konkurrenz schwebt leider gerade in der knopflosen Sphäre.
Eine klare Empfehlung geht an den 150 PS starken Top-Motor, der einfach wie maßgeschneidert für den Taigo zu sein scheint. Mehr Power muss nicht unbedingt sein, aber eine Allrad-Variante wäre fein gewesen. Mit dem Taigo wird man sicherlich einen angenehmen Begleiter für den Alltag haben, der dazu auch noch optisch Eindruck macht. Der Fuchs dürfte zufrieden mit seinem Sohnemann sein.
Fantaticar Magazin | Fotos: MarioRoman Pictures
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