Der Lexus RZ 450e soll einen Ausblick darauf geben, wie ernst Lexus es mit der Elektromobilität wirklich meint. Wir haben ihn ausführlich getestet.

Wenn jemand weiß, wie man Hybrid baut, dann Lexus. Jahrzehntelang galt die Marke als Technologieführer – aber beim Thema rein elektrisch war man im Toyota-Konzern bislang eher zurückhaltend unterwegs. Der Lexus UX 300e war ein Anfang, aber mehr auch nicht. Jetzt soll der Lexus RZ 450e zeigen, wie ernst Lexus es mit der Elektromobilität wirklich meint. Die gute Nachricht: Der RZ macht vieles besser. Die schlechte: Nicht alles.

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2025 Lexus RZ450e Direct4 | MarioRoman Pictures

Design – klare Kante, klare Abgrenzung

Der RZ 450e will nicht der bessere bZ4X sein. Auch wenn beide auf derselben e-TNGA-Plattform stehen, trennt Lexus optisch Welten vom Toyota-Bruder. Die Front wirkt markant, mit typischer Diabolo-Form und scharf geschnittenen LED-Leuchten. Die Seitenlinie spannt sich muskulös über 20-Zoll-Räder, das Heck fällt elegant ab und endet in der bekannten Lexus-Lichtsignatur.

Sechs Lackierungen stehen serienmäßig zur Wahl. Wer einen sportlicheren Look bevorzugt, bekommt mit dem 700 Euro teuren Design-Paket Executive schwarze Motorhaube und Dach – das sorgt für einen kraftvolleren Auftritt.

2025 Lexus RZ450e Direct4 | MarioRoman Pictures

Cockpit – Lexus-Logik statt Bildschirm-Overkill

Im Innenraum zeigt Lexus, dass man nicht jedem Trend blind hinterherlaufen muss. Statt frei stehender Tablets gibt’s hier ein eingebettetes 14-Zoll-Zentrum, eingefasst in eine klare Cockpitstruktur. Alles wirkt durchdacht, fahrerorientiert und hochwertig verarbeitet.

Das Infotainment reagiert schnell, wichtige Funktionen wie Temperatur und Lautstärke bleiben physisch bedienbar – ein Pluspunkt im Alltag. Die USB-C-Anschlüsse sitzen da, wo sie hingehören, kabelloses Laden funktioniert ebenso zuverlässig wie Apple CarPlay (kabellos) oder Android Auto (per Kabel). Die Infrarot-Komfortheizung erwärmt gezielt den Fahrerbereich und spart Energie – im Winter definitiv ein Vorteil gegenüber herkömmlichen Luftheizungen.

Weniger überzeugend: das zu klein geratene Cockpitdisplay – da wäre mehr drin gewesen. Dafür punktet das Head-up-Display mit sauberer Projektion. Der Sound kommt von Mark Levinson und erfüllt hohe Erwartungen. Per Schaltwippen lässt sich die Rekuperation einstellen, was für ein feines Plus an Kontrolle sorgt. One-Pedal-Drive ist hingegen nicht inkludiert. Schade. 

2025 Lexus RZ450e Direct4 | MarioRoman Pictures

Fahrverhalten – ausgewogen, sicher und präzise

Zwei Elektromotoren liefern zusammen 313 PS (230 kW) und 434 Nm Drehmoment. Die Verteilung übernimmt das sogenannte DIRECT4-System – bis zu 80 Prozent können an die Hinterachse geleitet werden. Das sorgt zum einen für eine agilere Fahrweise und zum anderen für mehr Traktion im Alltag.

Das Fahrwerk zeigt sich sauber abgestimmt: Lexus trifft hier einen gelungenen Mix aus Komfort und sportlicher Straffheit. Bodenwellen werden souverän gefiltert, ohne das Gefühl zur Straße zu verlieren. In Kurven bleibt der RZ neutral, die Seitenneigung hält sich zurück. Die Lenkung arbeitet präzise, bietet eine gute Rückmeldung und lässt sich angenehm dosieren – sportlich abgestimmt, ohne nervös zu wirken.

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Über verschiedene Fahrmodi lässt sich nicht nur die Leistungsabgabe beeinflussen, sondern auch das Fahrverhalten spürbar anpassen – von zurückhaltend bis agil. Im Alltag auffällig: Die Parksensoren reagieren extrem empfindlich – sie bremsen das Fahrzeug frühzeitig ab, selbst wenn noch großzügiger Abstand besteht. Das schützt, kann aber beim Rangieren auf engem Raum auch schnell nerven.

Ein cleveres Sicherheitsfeature sind die elektrischen Türöffner mit Totwinkelüberwachung. Wer den Türknopf betätigt, während sich ein Auto oder Radfahrer im toten Winkel nähert, wird am Öffnen gehindert – das funktioniert in der Praxis zuverlässig und ist ein echtes Plus an Alltagssicherheit.

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Reichweite – optimistisch gemessen, realistisch gefahren

Offiziell gibt Lexus in der Basis rund 440 Kilometer WLTP an. Unser Allradler kommt auf 406 Kilometer – laut Datenblatt. In der Realität pendelte sich der Aktionsradius bei zurückhaltender Fahrweise eher zwischen 250 und 300 Kilometern ein. Mit Klimaanlage, 20-Zoll-Felgen und leichtem Stadt-Land-Autobahn-Mix wohlgemerkt. Wer die 160 km/h dauerhaft ausreizt, sieht schnell unter 200 Kilometer Restreichweite. Ohne Begrenzung wäre es wohl noch drastischer. 

Ladeverhalten – Premiumpreis ohne Premiumleistung

Die Ladeleistung liegt laut Datenblatt bei maximal 150 kW DC. In der Praxis ist dieser Wert jedoch nur für kurze Spitzen erreichbar. Meist pendelt sich das Ladeplateau eher bei 100 bis 90 kW ein. Für ein Premiumfahrzeug dieser Klasse ist das zu wenig. Ein 10–80-Prozent-Ladevorgang dauert unter idealen Bedingungen rund 30 bis 35 Minuten. Die volle Ladung und somit maximale Reichweite kann hingegen bis zu eine Stunde in Anspruch nehmen. 

Wirklich ärgerlich: Das Navigationssystem bietet keine Ladeplanung. Kein Routing mit Ladestopps, keine Vorschläge, keine Berücksichtigung von Ladezuständen oder Temperaturen. Wer längere Strecken plant, muss auf externe Apps oder Apple CarPlay ausweichen. Für ein Fahrzeug mit über 75.000 EUR Listenpreis (Basis: 55.950,00 EUR) wirkt das wie ein Rückfall in die Elektromobilitäts-Steinzeit.

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Fazit – stark gebaut, aber mit angezogener Handbremse

Der Lexus RZ 450e ist zweifellos ein souverän verarbeiteter, angenehm leiser und komfortabler Begleiter. Er bietet ein hohes Maß an Qualität, Verlässlichkeit und Fahrkomfort – alles typische Lexus-Stärken, verpackt in ein modernes Elektro-SUV.

Doch während andere Hersteller bei Software, Ladegeschwindigkeit und Langstreckentauglichkeit nachlegen, scheint Lexus noch auf Zeit zu spielen. Man hat das Gefühl, der RZ wurde gebaut, weil er gebaut werden musste – nicht, weil man ihn mit voller Überzeugung auf die Straße bringen wollte.

2025 Lexus RZ450e Direct4 | MarioRoman Pictures

Akio Toyoda selbst sieht reine Elektroautos kritisch – und rechnet auf absehbare Zeit mit einem Marktanteil von höchstens 30 Prozent. Genau dieses Zögern spürt man im RZ 450e: technisch solide, aber ohne Pioniergeist. Eine Übergangslösung statt eines echten Statements.

Doch könnte der vorsichtige Ansatz am Ende sogar die klügere Strategie sein – wenn man sich das Chaos bei manch europäischem Hersteller ansieht, von halb garen Software-Strategien bis zu permanenten Kurskorrekturen. Aber wer in diesem Segment mitspielen will, muss liefern. Und Lexus liefert hier eher Sicherheit als Spannung. Tatsächlich hat Toyota auch noch eine technische Kooperation mit BMW, die demnächst mit der Neuen Klasse in neue Sphären vordringen wollen. Wer weiß, ob die Japaner davon am Ende profitieren werden?


Technische Daten – Lexus RZ 450e (2025)

MerkmalAngabe
ModellLexus RZ 450e AWD
Systemleistung gesamt313 PS / 230 kW
Frontmotor204 PS / 150 kW – 266 Nm
Heckmotor109 PS / 80 kW – 168 Nm
Drehmoment gesamt434 Nm
Batterie71,4 kWh Lithium-Ionen
WLTP-Reichweite406 km
Testreichweite (real)ca. 250–300 km
Verbrauch (kombiniert)18,3 kWh/100 km
Ladeleistung DC150 kW
Ladezeit 10–80 %ca. 30–35 Minuten
Ladeleistung AC11 kW (dreiphasig)
0–100 km/h5,3 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit160 km/h
Felgen/Reifen20 Zoll, 235/50 R20 vorn, 255/45 R20 hinten
Kofferraum522 – 1.451 Liter
Leergewichtca. 2.100 kg
Anhängelast750 kg
Preis Testwagen75.300 Euro
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Fanaticar Magazin | Fotos: MarioRoman Pictures