So ein richtig dreckiges Rotzblag bist Du. Kann man nicht anders sagen. Ein Relikt der alten Zeit. Und genau deswegen lieben wir Dich schon jetzt. Hello Mister Toyota GR Yaris.
Schon auf den ersten Blick wird klar, dass hier keine normalen, Benzin-geizende Opa-Schaukel steht. Mit dem regulären Yaris hat die GR-Variante ungefähr soviel gemeinsam wie Donald Trump mit Niveau. Alles runter geschreddert, alles neu konzipiert, lediglich Lichter, Seitenspiegel und die Dachantenne durften bleiben.
Ergebnis des Ganzen ist ein knapp 4-Meter langer Kampfzwerg, der keinen Hehl daraus macht, was für ein geiler Macker er ist. Die hinteren Türen sind Geschichte, das Dach knickt hinten deutlich tiefer ein und die hinteren Seitenschweller haben nochmal ordentlich an Volumen gewonnen. Wären da nicht ein paar Spaßbremsen gewesen, die dem GR Yaris noch ausreichend Alltagsreserven lassen wollten, wäre der GR Yaris wohl noch kompromissloser geworden.
Toyota GR Yaris (2022) | Rallye-Weltmeister mit Straßenzulassung
Wofür der ganze Aufwand? Nun ja, der GR Yaris ist die zivile Version des über 380 PS starken Rallye Ablegers. Im Gegensatz zu anderen Herstellern hat man sich aber nicht lapidar für eine Softie Variante mit Frontantrieb, also sehr seriennah entschieden, sondern für einen echten Ableger der Sportwagen-Version. Denn nichts anderes ist der GR Yaris.
Wie auch bei der Rallye-Variante kommen hier 1,6 Liter Hubraum mit Turboaufladung zum Einsatz. Mit dem Unterschied, dass die Straßenvariante mit nur 3 Zylindern klarkommen muss. Aber keine Angst, im Gegensatz zu VW hat Toyota das Thema drauf. Und zwar so gut, dass hier mit einer Leistung von 261 PS / 192 kW der bis zur Marktstart des mit 304 PS bestücken Toyota GR Corolla, den stärkste Serien-Dreizylinder auf dem Markt repräsentiert. Und hier kommen noch zu dem Geheimnis hinter den Backen im Heck. Der GR darf nämlich mit Allrad. Und mit etwas über 1,2 Tonnen ist er nur minimal schwerer als die Rallye-Variante.
Tempo 100 km/h liegt so nach gerade mal 5,5 Sekunden an. Ginge vielleicht schneller mit einem Doppelkupplungsgetriebe, aber Toyota ist so lässig drauf und bietet den GR Yaris nur handgerissen an. Dabei ist Sechsgang-Schaltgetriebe so Sahne mäßig gelungen, wie man es sonst nur BMW oder Porsche kennt. Kurze, knackige Wege und wer der Hacke Spitze noch nicht ganz mächtig ist, bekommt Zwischengas auf Knopfdruck. Herrlich!
Toyota im Rallyesport
Toyota hat sich nie davor gescheut, sich mit den Besten der Besten zu messen. Auch im Rallyesport haben die Japaner viele Erfolge für sich verbuchen können. In den 90ern gibt es mit dem Celica GT-Four vier Rallye-WM-Titel.
Mit dem Motorsportfreund Akido Toyota und Gazoo Racing geht es nach 18 Jahren Abwesenheit wieder auf den Schotter. 2018 und 2021 folgen zwei weitere Titel.
Besonders letzterer ist prestigeträchtig, weil der nun achtmalige Rallye Weltmeister Sebastian Ogier seinen verdienten Rückzug verkündet und es auch das Ende der reinen Verbrenner Ära ist.
Seit 2022 treten die Teams mit Hybrid-Varianten an.
Toyota GR Yaris (2022) | Drei Fahrmodi – Drei Charaktere
Zurück in unseren GR Yaris. Drei Fahrmodi stehen beim Toyota GR Yaris zur Verfügung – und jeder davon hat es in sich. Auf sparsame Floskeln wie Eco-Modus verzichtet man direkt. Regulär, also im Normal Modus gehen 60 Prozent des Antriebs an die Vorder- und 40 an die Hinterachse. Quasi der narrensichere Modus für den Alltag.
Wer sich für Sport entscheidet, bekommt die fahrerisch anspruchsvollste Packung aufgetischt. Denn hier verteilt sich die primäre Antriebskraft zu 70 Prozent auf die Hinterachse. Das macht ihn stark hecklastig und verführt in Kombination mit der präzisen Lenkung und dem optionalen Torsen-LSD zu freudigen Driftmanövern.
Der Track Modus hingegen ist voll und ganz auf Rallye gestimmt. Eine Verteilung von 50:50 lässt in einem den Drang aufgekommen sich durch Schotter und Schlamm wühlen zu wollen. Einmal einen auf Röhrl machen. So richtig Dirty. Dieser Modus erlaubt Powerslides in Spitznadelkurven, die regulär deutlich mehr Feingefühl verlangen würden. Wärs meiner gewesen, ich hätte es getan. Aber aus Angst vor Schimpfe aus Köln hab ich mich dann doch züchtigen können/müssen.
Also wieder zurück in den Alltag. Kurvige Landstraßen rocken, auf der Autobahngerade gibts bis zu 230 km/h. Ginge auch mehr, aber Toyota meint, das reicht. Bei der Sicherheit profitiert man vom Serienmodell. Abstandsradar, Lane Assist, Distance Control etc, alles vorhanden, um komfortabel und sicher von A nach B zu kommen. Der Verbrauch pendelte sich am Ende bei 9 Litern im Mix ein. Erstaunlich effizient für soviel Bosheit auf vier Rädern. Asphalt Art kam im Hypermiling sogar in den Fünf-Liter-Bereich. Das hatte dann aber weniger mit Spaß als mit Ehrgeiz zu tun.
Einziges Manko? Es gibt wenig Sound aus dem Sportauspuff. Ein paar Jahre früher hätte, das durchaus bösartig klingen können. Da hatte zum Beispiel Ford noch ein paar grantig klingende Dreizylinder, die aber nun mittlerweile auch alle in der Lautstärke kastriert wurden.
Toyota GR Yaris (2022) | Absolut alltagstauglich
Dem Rallye-Background sei Dank schlägt sich der GR Yaris auch sonst im Alltag extrem wacker, denn das Fahrwerk ist weder extrem tief noch knochentrocken gefedert. Solche Konfigurationen machen für GT3 / GT4 Ableger Sinn, aber nicht, wenn der Boden in den Rennen primär uneben und locker ist.
Der Kofferraum ist mit 174 Litern niedlich geraten, lässt sich aber durch Umklappen der Rücksitze nochmal reisetauglich erweitern. Grundsätzlich gilt. Wer einen Erwachsenen auf der Rückbank sitzen lässt, muss diese Person abgrundtief hassen.
Vorne sieht es allerdings anders aus. Hier sitzt man auf gemütlichen Sportsitzen mit extrem guten Seitenhalt, die leider viel zu hoch montiert sind. Menschen über 1,80 schaffen es gerade so nicht, mit dem Kopf an der Decke anzustoßen. Das macht einen Helmeinsatz für die Rennpiste quasi fast unmöglich oder sehr unbequem. Im Aftermarket gibt es hier aber wohl schon erste Lösungen. Allgemein sind die Tuner extrem heiß auf den GR Yaris.
Die Übersicht nach vorne ist gut, nach hinten gibt es natürlich Einschränkungen, die aber durch die Rückfahrkamera kompensiert worden. Auf Parksensoren so wie ein eigenes Navigationssystem verzichtet man hier und setzt stattdessen auf Apple Car Play beziehungsweise Google Android. Dazu gibt es sogar noch einen ordentlichen Sound aus der Anlage. Das coolste Highlight ist allerdings die analoge Anzeige des Tachos. Der geht nämlich bis 280 km/h. Ambitioniert.
Toyota GR Yaris (2022) | Die Basis beginnt bei 34.000 Euro
Der Basispreis des GR Yaris liegt bei gerade mal 34.000 Euro. Und dafür bekommt man eine Menge. Legt man, wie in unserem Fall aber noch 4490,00 Euro darauf, gibt es neben schicken Felgen und roten Bremssätteln ein Torsen-LSD obendrauf, was die Fahrdynamik nochmals auf einen anderen Level hebt. Was uns zum Fahrspaß bringt.
Neben dem Aufpreis von 800 Euro für den Kaminarot-Metallic-Lack ist das übrigens das einzige reguläre Extra im Konfigurator. Für 39.290,00 Euro bekommt man also ein Auto, welches absolut konkurrenzlos in seiner Klasse ist. Wirklich, es gibt nicht vergleichbares. Einzig der Subaru WRX STI oder Mitsubishi Lance Evo hätten hier noch mitreden können, aber die sind zumindest hierzulande leider Geschichte. Audi hat da mal was mit dem A1 probiert, aber am Ende wurde es kaum mehr als ein besonders schneller A1 mit Allrad. Ihm fehlte einfach das Rallye-Gift.
Auch wenn die Auflage von 25.000 Exemplare wohl mittlerweile vergriffen sein sollte, dürfte wohl sicher sein, dass Toyota an diesem Auto wohl eher wenig bis gar nichts verdient. Dafür gibt es das Image eines Weltmeisterautos. Dennoch sollte man sich keine Illusionen darüber machen, dass dieses Auto ähnlich kostengünstig ist wie reguläre Kleinwagen im Segment. Denn hier wurde Performance verbaut und die ist nicht günstig.
Fazit Toyota GR Yaris (2022) | Konkurrenzloser Fun-Racer
Es ist schon erstaunlich. So konservativ die Asiaten oftmals im Automobilbau auch sind, so konsequent sind sie, wenn es darum geht, Emotionen zu wecken. Mit Gazoo Racing hat man bei Toyota mittlerweile drei hochemotionale Automobile am Start. Allesamt erschwinglich, allesamt jeweils auf ein anderes Zielpublikum abgestimmt. Ob nun Driftking im GR 86, Gran Turismo und souveräne Rennstrecken-Performance in der Supra (Fahrbericht) oder eben Rallye-Freuden im GR Yaris. Eins ist dabei garantiert, jeder kommt mit diesen Fahrzeugen voll auf seine Kosten.
Der Toyota GR Yaris dürfte tatsächlich der Letzte seiner Art sein. Zumindest in Europa. Denn wir werden voraussichtlich nicht mehr in den Genuss des Golf R Gegners Toyota GR Corolla kommen. Aber wenn Toyota weiterhin so erfolgreich in der WRC am Start ist, winkt uns ja vielleicht bald noch eine böse Hybrid-Variante. Bei Toyota ist bekanntlich nichts unmöglich. Um es nochmal ganz deutlich zu machen, zitiere ich mal Deichkind. Bitte gebt uns mehr von diesem heißen Scheiss… Bon Voyage
Social Feelings
Credits
Fanaticar Magazin / Mario-Roman Lambrecht
Fotos: MarioRoman Pictures / Toyota
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