Ich mag Frauen. Frauen sind toll. Mit denen kann man so viele schöne Dinge machen und die können noch viel tollere Dinge mit uns Männern machen. Hach, ja, Frauen sind einfach toll. Doch auch Frauen wollen sich fortbewegen und treffen zwangsläufig nicht immer den Geschmack unserer Männerwelt. Wir wollen primitiv, wir wollen büffelstark, wir wollen erlegen. Tim Taylor ist unser Held und wir grunzen auf Kommando „Highway to Hell“. Frauen wollen es irgendwie niedlich. Glubschaugen am besten und so Lutschbonbon mäßig im Design wie es nur geht. Wooozaaa.
Ich werde mich zwei Wochen lang in eine solche Welt entführen lassen. Ein Frauenauto, ja genau das trifft es auf den Nagel, ein Frauenauto steht in meiner Garage. Was dort nicht schon alles gestanden hat. Supersportwagen, Luxuslimousinen, Edel-SUVs und jetzt … ein Opel Tigra Twin Top. Das macht mich etwas nervös, aber da muss ich jetzt durch.
Der erste Kontakt ist überraschend, im positiven Sinne. Grau ist er, eher ein blaues Grau, irgendwie nicht wirklich definierbar, aber es schaut nett aus. Nicht niedlich, wir Männer sagen eher … „Nett“. Opel dagegen nennt es Metro. Gelegentlich kommt uns auch ein „schick“ über die Lippen. Schick sind nämlich die 17-Zoll-Felgen.
Ein bisschen Männerwürde ist mir aber dennoch geblieben. Als ich bei Opel anrief und den Tigra orderte, stampfte ich voller Selbstbewusstsein auf den Boden und verlangte den großen Benziner – den ich dann auch bekam. Hier definiert sich wieder eine Bewusstseinsebene des Geschlechterkampfes. Während uns Kerlen der dickste Big-Block nicht big genug sein kann, begnügt sich die Frauenwelt mit einem 1,8 Liter 4 Zylinder Motörchen. Das wäre in etwa die Hälfte von dem, was wir Männer unter einer echten Notfallbasismotorisierung verstehen. „Nett!“
Es gibt ja so diese ultimativen Metroflitzer à la Mini. Die sind multisexuell kombinierbar. Der in Frankreich produzierte Tigra Twin Top gehört definitiv nicht dazu. Er ist durch und durch ein Frauenauto und schämt sich dafür auch nicht. Für Männer hat Opel ja auch den GT zur Verfügung gestellt. Ein Auto mit maskulinem Charme und Übermut-Baumrindenkratzer-Gen. Dennoch ist der Tigra wohlwollend designt worden – auf Basis des Opel Corsa entstand ein kleines smartes Cabrio mit Ecken und Kanten.
Gerade in der Kleinwagenliga sind die Klappdachcabrios ziemlich verhalten, was das Heckdesign angeht. Beim Tigra Twin Top wurde allerdings von der Front bis zum Heck alles in einer stimmigen und wohlwollenden Linienzeichnung geformt. Erreicht wurde dies unter anderem durch Weglassen der unnötigen Notsitze auf der Rückbank. Ob nun im offenen oder geschlossenen Zustand, der Opel Tigra Twin Top hat keine hässlichen Seiten vorzuweisen.
Das Verdeck kann nur im stehenden Zustand geöffnet und geschlossen werden. 18 Sekunden vergehen, bis einem die frische Luft um die Ohren wehen darf. Im Innenraum begrüßt uns das Interieur des Corsa, gepaart mit schicken Sportsitzen aus Leder. Alles sitzt sauber und übersichtlich an seinem Platz. Eine Knopf-Armada bleibt uns zum Glück erspart. Die Anlage lässt es ordentlich krachen und gibt auch im Cabrio-Zustand einen sehr guten Klang wieder.
Der 1,8 Ecotec Motor bewegt den Tigra mühelos durch den Stadtverkehr. Das Fahrverhalten ist sehr neutral gehalten. Flotter gefahrene Kurven auf der Landstraße steckt der 1,2 Tonnen schwere Fronttriebler ohne zu murren weg. Der Spagat aus Fahrspaß im Alltag und sicherem Fahren ist hier gelungen.
Vom Weglassen der Rückbank profitiert auch der Kofferraum. Im geschlossenen Zustand gibt der Kofferraum über 440 Liter Laderaumvolumen frei. Das sind wohlgemerkt Werte, die in manch einem Mittelklassewagen nicht erreicht werden. Selbst im Cabrio-Zustand sind 250 Liter immer noch ein Top-Wert. Zusätzlich gibt es noch hinter den Sitzen 70 Liter Platz für Husch Husch Gepäck.
Einen kleinen Dämpfer bekommt allerdings die hohe Ladekante. Für ein Frauenauto eine nicht ganz zu Ende gedachte Konstruktion. Hier wird das Einladen von Einkaufstüten und Getränkekisten zur Fitnessübung. Um die gesamte Fläche wirklich effektiv nutzen zu können, bietet Opel gegen günstige Taler extra angefertigtes Gepäck an, das genau auf den Tigra Twin Top abgestimmt ist. Auf Knopfdruck öffnet sich der große Kofferraum mittels einer elektrohydraulischen Konstruktion, allerdings in einem Wahnsinnsschnecken-Tempo. 1, 2, 3, 4, 5, 6 Sekunden benötigt der kleine Tiger, um seinen Hohlraum zu offenbaren.
Genauso lange dauert es bis er wieder eingerastet ist. In dieser Zeit könnte man noch getrost einen Kaffee trinken – wenn nicht der Finger beim Schließen auf dem Kofferraum-Knopf bleiben müsste, bis dieser endgültig geschlossen ist. Ein dummer Schutzmechanismus, damit irgendwelche total verblödeten Bälger sich dabei nicht die Finger abhacken.
Es stehen drei Motorvarianten zur Auswahl. Der 90 PS Benziner mit 1,4 Liter Hubraum stellt sich dabei als der beste Allrounder hin. Die Leistung reicht für flotte Stadt- und Landstraßenfahrten und das bei relativ niedrigem Verbrauch. Wer es noch flotter mag, greift zum dem hier vorgestellten 1,8 Ecotec. Mit seinen 125 PS, die knurrig aus dem Auspuff schießen, sowie dem etwas straffer ausgelegten Fahrwerk, eignet er sich perfekt für längere Autobahnstrecken und spaßige Landstraßenfahrten. Der 70 PS Diesel allerdings agiert nach dem Grundprinzip: „Fahrspaß hau ab, ich komme.“
Die zwei Wochen in der Frauenwelt sind nun vorbei und der Gesamt-Eindruck war durchweg positiv. Der Tigra Twin Top überrascht mit spritzigen und durchzugsstarken Motoren bei geringem Verbrauch. Das Handling setzt keine neue Messlatte in der Klasse, offenbart aber auch keine bösen Überraschungen. Die Lenkung ist keineswegs schwammig geraten, sondern lässt sich präzise in die Kurven dirigieren.
Das Weglassen der lästigen Notsitze offenbart viele Liter an Kofferraumvolumen, an denen sich die anderen Konkurrenten erst einmal messen müssen. Einzig die hohe Ladekante und die lahme Kofferraummechanik ließen den Tigra Twin Top ein wenig im Gesamtbild schwächeln. Ansonsten: Ein perfekter Alltagssportler – für die Frau.
Fotos: Mario-Roman Lambrecht