Fünf Generationen BMW M3. Und nun kommt ein M4 hinzu. Denn die Nomenklatura der Münchner Autobauer hat sich geändert. Aus einem 3er Coupé oder Cabriolet wurden 4er. Dies gilt logischerweise auch für die M GmbH, geleitet von Dr. Friedrich Nitschke. Dieser hatte am Anfang auch seine Probleme mit der neuen Zuordnung. Denn der M3 ist nun nur noch die Limousine, der M4 das Coupé und das im Sommer kommende Cabriolet. Wer also weiter einen M3 sein Eigen nennen möchte, muss den Viertürer nehmen. Was ja durchaus praktische Vorteile hat.
Form und Funktion
Beide Varianten drücken ihren sportlichen Charakter mit einem kraftvoll wirkenden Auftritt aus. Die gewölbte Motorhaube und der mit Flaps versehene untere Teil des Vorderbaus signalisieren Stärke. Dazu passen die ausgestellten Radhäuser und die kleinen Heckspoiler sowie die Diffusoren. Trotz dieser Machtposition wirken beide Varianten schlank und muskulös. Kein Gramm zu viel, wie auch Dr. Nitschke betont. Schließlich bewegt sich das Leergewicht im besten Falle bei rund 1,5 Tonnen, wobei die Limousine wegen der beiden hinteren Türen 20 kg mehr als das Coupé auf die Waage bringt.
Das Innenleben der beiden stärksten 3er bzw. 4er ist von hoher Qualität bestimmt. Top-Materialien treffen auf eine sehr gute Verarbeitung. Die Vordersitze wurden speziell für M3 und M4 entwickelt. Sie sind leichter als die bis dato verbauten Sportsitze und garantieren wunderbaren Seitenhalt. Die Sitzposition ist durch die serienmäßig elektrische Verstellmöglichkeiten und ein vertikal wie horizontal einstellbares Lenkrad schnell gefunden.
Empfehlenswert ist die Polsterung der Sitzmöbel mit der Stoff-/Lederkombination mit Carbonstruktur. Wenn es unbedingt Leder sein muss, werden 1.850 oder bei der Volllederausstattung sogar 3.400 Euro fällig. Geld, das besser für das Navigationspaket ConnectedDrive ausgegeben wird. Dieses herausragende System mit dem einzigartigen Concierge-Service kostet 3.100 Euro und enthält zudem eine Smartphone-Anbindung sowie die Real Time Traffic Information.
Fahrverhalten
Zwei Tage in Portugal. Die Küste der Algarve und das Hinterland bildeten zusammen mit der Rennstrecke in Portimao das perfekte Revier, um die beiden neuen voll alltagstauglichen Racer ausgiebig zu testen. Tag 1 war der Ausfahrt über Autobahnen und Landstraßen hinauf ins beschauliche Städtchen Mértola gewidmet. Von dort aus führte der Weg über wunderbar kurvenreiche Nebenstraßen fast ohne Verkehr, zurück in Richtung Atlantik nach Albufeira.
Drei Modi stehen für M3 und M4 zur Wahl, um den Fahrspaß auszuleben. Natürlich der Effizienz-Modus, denn so ein BMW kann auch sparsam. Der Durchschnittsverbrauch liegt laut Hersteller beim Handschalter bei 8,8 Liter. Mit dem 7-Gang M Doppelkupplungsgetriebe sogar nur bei 8,3 Litern. Was gleich zu einer weiteren Investitionsempfehlung führt.
Anstatt 71.500 Euro für die Limousine oder 72.200 Euro für das Coupé mit der Sechsgang-Schaltung auszugeben, sollte man weitere 3.900 Euro in die Hand nehmen und das auch mit Hilfe von Schaltpaddels manuell zu bedienende Doppeltkupplungsgetriebe DKG erwerben. Das macht M3 und M4 nicht nur sparsamer, sondern auch schneller.
Auf der Fahrt zurück ans Meer übersprangen wir den Sport-Modus und wechselten gleich zu Sport+. Böse, böse. Denn mit Hilfe von vier Schaltern werden die Kennlinien der Lenkung, des Fahrwerks, der Gasannahme sowie des Eingriffs der Traktionskontrolle DSC je nach Gusto einsortiert. Wir wählten dreimal Sport+ und den M Dynamic Mode MDM. Letztgenannte Option lässt das Fahrzeug kontrolliert mit dem Hintern schwänzeln, während das komplett ausgeschaltete DSC nur von geübten Lenkern auf abgesperrten Strecken genutzt werden sollte.
Die gern zitierte Katze der Familie Schmitz ist eine lahme Ente gegen M3 und M4. In 4,4 Sekunden toben die Beiden von 0 auf 100 km/h. Der hochdrehende Reihensechszylinder mit zweifacher Turboaufladung röhrt dabei sonor und quittiert Gaswegnahme mit einer Art von Nachrotzen, wie es früher von Fehlzündungen zu hören war. Die Kraft der 550 Nm steht zudem auf einer Drehzahlbandbreite von 1.850 bis 5.500 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung. Ergo Kraft im Übermaß.
Tag 2 war der Rennstrecke gewidmet. Aber dazu mussten wir erst einmal dorthin. Eine fast leere Autobahn animierte uns, die Höchstgeschwindigkeit anzutesten. 267 km/h standen auf der Uhr. Und ja, M3 und M4 sind abgeregelt. Können aber in Verbindung mit dem M Drivers Package inkl. Fahrtrainings (2.450 Euro) bei der BMW Driving Experience zumindest auf 280 km/h erhöht werden. Können könnten sie noch mehr. Aber man muss ja auch den Tunern noch ein bisschen Spielraum geben.
Timo Glock und Martin Tomczyk, beides DTM-Piloten bei BMW, standen als Instruktoren und erste Wegweiser für die anspruchsvolle Berg- und Talbahn von Portimao zur Verfügung. Wir sortierten uns hinter Timo Glock ein, der vor seiner DTM-Zeit fünf Jahre in der Formel 1 unterwegs war. War die erste Runde zur Eingewöhnung, gab Timo in der zweiten etwas mehr Gas. Wir hinten dran und rein in die Kehren und Mutkurven von Portimao. Der M3 klebt auf der Straße und lässt ab und an das Hinterteil ausbrechen.
Nach zwei Runden hinter Timo hieß es Feuer frei. Langsames herantasten an die Kurven und Kuppen der anspruchsvollen Rennstrecke des Autódromo Internacional do Algarve. Beide Varianten der jüngsten Sprosse der M-Familie bügelten über die 4,692 km langen Track, als ob sie dort entwickelt worden wären. Nun ja, Rennstreckenerfahrung haben beide in vielen tausenden von Testkilometern auf der Nordschleife des Nürburgrings sammeln dürfen. Eine der vielen Gründe für den Wohlfühlfaktor den M3 und M4 gleichermaßen ausstrahlen und uns Runde für Runde schneller werden ließ.
Die Aufpreisliste ist angenehm übersichtlich, die Serienausstattung erfreulich reichhaltig. Im Package sind unter anderem LED-Hauptscheinwerfer enthalten. Oder das Leichtbaudach aus Carbon, eine Zweizonen-Klimaautomatik, Regensensor und automatische Fahrlichtsteuerung sowie 18 Zoll große Leichtmetallräder mit Mischbereifung 255/40 vorne und 275/40 hinten.
Neben dem bereits erwähnten ConnectedDrive-Navi und dem 7-Gang DKG sollten noch der Parkassistent für 350 Euro, die dazu passende Rückfahrkamera für 420 Euro, das Headup Display für 980 Euro und der Driving Assistant mit Spurverlassens- und Auffahrwarner mit City-Anbremsfunktion für 520 Euro in Erwägung gezogen werden.
Wer seinen M3 oder M4 häufig auf Rennstrecken bewegt, dem sei der Griff zu den 7.300 Euro teuren Carbon-Keramikbremsen anzuraten. Und wem das M Sportfahrwerk nicht sportlich genug ist, greift zum 1.900 Euro kostenden adaptiven Fahrwerk. Recht viel mehr muss nicht sein, sodass ein vernünftig ausgestatteter M3 oder M4 die 80.000-Euro-Marke nur knapp übersteigen muss. Was ein kleineres Unternehmen im Schwabenland durchaus zum Grübeln bringen könnte.
Fazit
Ja, ja, ja! So müssen ein M3 und ein M4 sein. Nicht kompromisslos, sondern das beste aus zwei Welten. Er kann Cruisen, gleiten, schnell fahren und er kann Rennstrecke pur. Oder wie es uns Timo Glock, DTM-Pilot bei BMW und Ex-Formel-1-Pilot, verriet: “Ich fahre mit dem Auto morgens vom Hotel zur Strecke. Auf der lass ich ihn fliegen und am Nachmittag cruise ich relaxt wieder zurück.” Haben wir auch so gemacht und ja, es funktioniert wunderbar. BMW M3 und M4 sind weiterhin die alltagstauglichen Sportler wie eh und je. Zahm wenn sie wollen, böse wenn sie es müssen. (ds)
Technische Daten: BMW M3
Motor: Sechszylinder-Benziner
Getriebe: Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe DKG
Hubraum: 2.979 ccm
Leistung in kW/PS bei xy U/min: 317 kW (431 PS)/5.500 – 7.300
Max. Drehmoment: 550 Nm bei 1.850 – 5.500 Umdrehungen pro Minute
Länge/Breite/Höhe: 4.671/1.877/1.430 in mm
Radstand: 2.812 in mm
Leergewicht: 1.635 kg
Zul. Gesamtgewicht: 2.100 kg
Kofferraumvolumen: 480 l
Bereifung: 255/40 ZR18 vorne, 275/40 ZR18 hinten
Felgen: 9 x 18? vorne, 10 x 18? hinten, Alu geschmiedet
Beschleunigung: 3,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeregelt)
Tankinhalt: 60 l
Kraftstoffverbrauch Kombinierter Verkehr: 8,3 l auf 100 km
Preis: 75.400 Euro inkl. MwSt.
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