Ich liebe alte Autos. Zu diesen hat man irgendwie einen ganz anderen Bezug als zu neuen. Die Liebe ist tiefgehender und langlebiger. Sie ist liebevoller und auch ein bisschen verschrobener. Auf der diesjährigen Creme21 Youngtimer Rallye zeigte sich diese liebevolle Verschrobenheit in jedem Detail. In der Kleidung der Fahrer, die in den 70ern hängen geblieben zu sein schien. In den Fahrzeugen selbst, die in fürsorglicher Detailtreue an den Start kamen. Hier kamen ganz andere Menschen zusammen als bei den sonstigen Fahrveranstaltungen, an denen ich bislang teilhaben durfte.
Hier wartete das eine oder andere Glanzstück, Baujahr 1970 bis 1992, auf. Da trafen nachtschwarze BMW 635 Csi’s auf Audi’s 100 von 1982. Oder ein VW Golf 1 von 1975 auf einen quietschorangenen VW-Bus 147 Fridolin. Erlaubt war vieles, jedoch msusten alle Fahrzeuge aus dem Zeitraum zwischen 1970 und 1990 stammen. So „naturbelassen“ wie möglich, denn Tuningmaßnahmen egal welcher Art waren hier verpönt. Einzig Hauptsponsor Opel sorgte mit seinen Opel Corsa aus jeder Generation für gehobene Augenbrauen. Besonders weil der noch in Erlkönig-Optik verpackte neue Opel Corsa mitfuhr. Das Privileg des Hauptgeldgebers eben, obwohl die Veranstaltung doch eher hobbymäßig auf die Beine gestellt wurde. Dafür in jedem Fall „Hut ab“.
An den Start ging ich mit einem SEAT Ibiza 1,5 GLX. Der siebte Ibiza der 1984 vom Band gelaufen ist. Bestückt mit einem 85 PS starken 1,5-Liter Porsche-Motor, zeigte sich der Oldie mit erst knapp 20.000 Kilometer auf der Nadel von seiner goldigen Seite. Die Höchstgeschwindigkeit von 169 km/h, reizten wir auf der Fahrt aber niemals aus. So einen alten Kameraden scheucht man nicht mehr über die Berge. Nein, man fährt gemächlich und genießt die Landschaft. Geschwindigkeit war bei der Creme21 Youngtimer Rallye zum Glück aber auch nicht gefragt. Hier ging es um Spaß und Spiel. Bei den einzelnen Etappen, die man standesgemäß nicht per Navigationsgerät erreichte, sondern noch ganz altmodisch per Roadbook, musste man an Haltepunkten bei Spielen Punkte sammeln.
Ha, ha, ha,ha Stayin’ alive
Ob beim Puzzeln, Stifte-in-die-Flasche oder Memory: in charmanter Kleinstarbeit wurden die Spiele ausgedacht und von allen Teilnehmern lachend in Angriff genommen. Mein Teamkollege Patrick Broich und ich versuchten unser Bestes, wenn uns auch nicht jedes Spiel lag. Beim Stifte-in-die-Flasche Spiel oder Hau-den-Pimpel-an-die-Wand lief es nicht ganz so wie gewünscht. Doch dafür bei den anderen Spielchen. Mit ein paar interessanten Zwischenstopps an alten Museen aus DDR-Zeiten, sorgte die Rallye für herrliche Kurzweil. Selbst das Hotel hielt der Devise stand und schien in den 70er Jahren stehen geblieben zu sein. Die pinkfarbenen, gemusterten Fliesen im Bad schrien förmlich „Ha, ha, ha,ha Stayin’ alive“.
Die gesamte Strecke an den vier Tagen führte über knapp 1.000 Kilometer von Bremen über Oldenburg nach Braunlage. Bei der Motorsportarena Oschersleben ging es sogar noch mal auf die Rennstrecke. Ein Highlight für die vielen privaten Mitfahrer, die noch nie auf einem echten Track gewesen sind und so manchen Rennfanatiker hervorbrachte. Leider machte die Nacht dem einen oder anderen Teilnehmer ein paar Schwierigkeiten, denn hier ist nichts mit Hochleistuns-LEDs. Hier leuchten noch die alten Scheinwerfer, deren gelbe Lichtkegel versuchen die Fahrbahn auszuleuchten. Da ist das Vorbeifahren an Abzweigungen eigentlich Vorprogrammiert. Das eine oder andere Mal passierte es uns auch, jedoch schafften wir es immer einigermaßen pünktlich zur Abendveranstaltung.
Die Abschlussfeier einen Tag vor dem offiziellen Ende der Creme21 Youngtimer Rallye wurde im bekannten Lenkwerk in Bielefeld gefeiert. Zwischen alten Autos und noch älteren Zweirädern wurde ein leckeres Buffet aufgetischt und eine funkige Band spielte Hits aus den vergangenen 30 Jahren. Let’s start the Party. Selbst das spanische Team, welches uns stets begleitete, kam in Stimmung und legte eine flotte Sohle auf das Parkett.
Wiederholungs-verdächtig
Das offizielle Ende der Creme21 Youngtimer Rallye fand auf dem Fetra Werksgelände, einem der Sponsoren, statt. Da wurde direkt in der Lagerhalle, bei Currywurst und Pommes, die Preisverleihung abgehalten. Die Preise: Lavalampen, eine original 70er-Plattensammlung und ein orangener Reiseplattenspieler. Als Sonderpreis gab es noch einen orangefarbenen Röhrenfernseher, original aus den 70er Jahren, inklusive Spielekonsole oben drauf. Was denn sonst? Der rote Faden wird in jedem Fall durchgezogen. Oder sollte ich sagen, der orangene?
193 Teilnehmer sind an den Start gegangen und natürlich kann es nur einen wirklichen Sieger geben. Doch mit einem 66. Platz für das erste Mal kann man wirklich stolz sein. Ein bisschen traurig sahen wir noch zu, wie der kleine SEAT Ibiza auf sein Service-LKW verladen wurde. Die kleine Semmel hat schon sehr viel Spaß gemacht und gehört noch lange nicht zum alten Eisen. Das schreit definitiv nach Wiederholung im nächsten Jahr. Dann aber natürlich in voller Montur mit Schlaghosen und blonder Zottelmähne. Stayin’ alive!
Fotos: SEAT / Simone Amores
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