Dreirädrige Motorräder sind nichts, was man alltäglich auf den Straßen zu sehen bekommt. Neben den bekannten Trikes gibt es noch den Scooter mit dem Löwen vorne drauf. Darüber hinaus wird es dünn an der Drei-Räder-Motorradfront. Schaut man aber nach Valcourt, Québec in Kanada, gibt es Hoffnung. Can-Am, ehemaliger Bombardier-Konzern, der 1942 mit dem Bau von Schneemobilen bekannt wurde, hat es sich zur Aufgabe gemacht, dies mit dem neuen Can-Am Spyder F3 zu ändern. Can-Am Fahrzeuge fand man bislang auf jedem Untergrund, doch nicht auf befestigten Straßen. Mit der Mischung aus Motorrad und Auto schafft der Spyder F3 eine ganz neue Kategorie. Perfekt für solche, die bislang eher auf vier Rädern unterwegs waren. So wie meine Wenigkeit. Als gestandene Autofahrerin verschlägt es mich eher selten auf die zwei- oder gar dreirädrigen Genossen. Umso neugieriger machte mich die Aussicht auf die Testfahrt mit diesem ps-geladenen Geschoss.
In der Nähe von Palma auf Mallorca warteten die Can-Am Spyder F3 auf einem Testgelände auf ihren Einsatz. Wie aufgepimpte Rasenmäher oder Schneemobile reihten sie sich respekteinflößend aneinander. Ein feuerrotes Modell sollte mein fahrbarer Untersatz für den Tag werden. Ein wenig mulmig setze ich mich auf das Geschoss und starte es…nicht. Hier ist der Spyder F3 doch ganz Motorrad, der sich nur vom Drehen des Schlüssels nicht starten lässt. Erst nach Betätigung des Startknopfs erbebt das Motorrad unter mir und erwacht mit einem Brüllen zum Leben. Hui! Klingt ganz ordentlich. Doch ehe es raus auf die kurvigen Straßen Mallorcas geht, muss erstmal die Hand-Fuß Koordination geübt werden, denn ganz im Gegensatz zu seinen Cousins, den zweirädrigen Motorrädern, wird der Can-Am Spyder F3 per Fuß gebremst. Da muss das Hirn erstmal zwischen Hand-Gas und Schaltung der Halbautomatik beziehungsweise der Fuß-Bremse hin und her schalten. Gar nicht so einfach und das, obwohl man uns Frauen Multitask-Fähigkeiten nachsagt. Immerhin schaltet die Halbautomatik automatisch runter inklusive keckem Zwischengassound.
Das gibt Muckis
Die ersten Übungen auf dem Testgelände gehen ordentlich auf die Armmuskeln, besonders bei den engen Kurven. Die richtige Kombination aus Bein-Arm-Arbeit bekomme ich einfach nicht raus, trotzdem macht es Spaß und nach einer Weile steigt auch das Vertrauen in das dreirädrige Geschoss. Dank breiter Vorderachse hat der Spyder F3 jede Menge Grip und bleibt damit sicher auf der Spur. Ein 225er Autoreifen treibt das Dreirad von hinten an. Die Sitzposition mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper und fast ausgestreckten Armen und Beinen ist entspannt. Der kanadische Hersteller will mit dem Spyder F3 nicht nur mit Bequemlichkeit, sondern auch mit hoher Fahrdynamik und Sicherheit überzeugen. Das Stabilitätskontrollsystem SCS arbeitet wie ein ESP beim Auto, das Traktionskontrollsystem TCS verhindert einen Leistungseinsatz oberhalb der übertragbaren Antriebskräfte und das ABS beugt Bremsblockaden vor. Die Sicherheitssysteme greifen alle sehr sanft ein und vermitteln eine gute Stabilisation, auch wenn man als Fahrer ganz schön im Fahrtwind hängt, besonders wenn der Spyder F3 in nur 4,8 Sekunden von Null auf 100 km/h schießt. Exakt so schnell wie ein Porsche 911 Carrera. Bei 130 km/h muss man ganz schön dagegen halten. Ein Motorradfahrer kennt das, für eine passionierte Autofahrerin war das eine interessante Erfahrung. Erstere werden beim Can-Am Spyder allerdings die typische Schräglage beim Fahren vermissen, genauso wie das schnelle Durchschlängeln bei Stau. Der Spyder F3 braucht Platz und das nicht zu knapp.
Für den rasanten Vortrieb sorgt ein 1,3-Liter-Dreizylinder von Bombardiers Konzerntochter Rotax. Mit kräftigen 130 Newtonmeter Drehmoment und einer 115 PS Leistung verwöhnt er den Fahrer inklusive charakteristischem Dreizylinder-Sound. Das muss sofort auf den mallorquinischen Serpentinen ausgetestet werden. Wer Spyder fahren will, muss auch richtig lenken. Sprich: Nicht gleichzeitig Lenken und plötzlich Gas geben, oder nach Links fahren und sich nach rechts lehnen. Der Can-Am Spyder verhält sich nämlich fahrdynamisch diametral zu dem, was Motorradfahrer normalerweise gewohnt sind. Man muss schon am Lenker ziehen, damit etwas passiert. Besonders in den engen Kurven eine Herausforderung. Nach den ersten zwei Stunden bin ich Fix und Alle. Da kommt die Lunchpause gerade recht.
Authentisches Design
Vier Ausstattungspakete sollen unterschiedliche Fahrertypen bedienen. Angefangen beim Touring Package über das Escape Package zum Muscle Attitude Package bis zum Urban Nights Package bietet Can-Am jede Menge Individualisierungsmöglichkeiten. Zusätzlich lassen sich die Dreirad-Cruiser auf Körpergrößen zwischen 1,50 und 1,90 Meter optimal einstellen, sodass für jeden Interessierten das Richtige dabei ist. Sogar die passende Modelinie bringt der kanadische Hersteller auf den Markt.
Wer keinen Motorradführerschein hat, darf mit seinem normalen Autoführerschein trotzdem ran, es sei denn er hat seinen Führerschein nach dem 19. Januar 2013 bekommen. Wenn das kein Hindernis ist, könnte beim Preis zurückschrecken: Ab 18.899 Euro wird es den Can-Am Spyder F3 geben. Ein teures Spielzeug, welches sich wohl nur die wenigsten in die hauseigene Garage stellen werden.
Fazit:
No Risk, no Fun. Mit dem Can-Am Spyder F3 holt sich der Easy Rider Liebhaber jede Menge PS-Spaß ins Haus. Mit bis zu 400 Kilometer Reichweite pro Tankfüllung können sich besonders passionierte Autofahrer von der neuen Freiheit überzeugen lassen. Jedoch der Preis grenzt diese ein wenig ein. Wer aber ein paar Cent übrig hat, bekommt mit dem Spyder F3 ein sicheres Gefährt auf die Strasse gestellt, das Fahrspaß ganz groß schreibt. Inklusive Muskeltrainig.
Fahrbericht: Simone Amores
Bilder: Simone Amores / Can-Am
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