Gran Turismo! Im Grunde genommen Synonym für sportliches Fahren, gepaart mit einer überzeugenden Alltags- und Langstreckentauglichkeit. Ferrari hat hier eine lange Tradition mit wundervollen Fahrzeugen, Aston Martin und Bentley sowieso. McLaren bricht beim GT mit der Tradition der Frontmotoren und belässt es beim Mittelmotor hinter den Rücksitzen. Dennoch legt McLaren sehr viel Wert darauf, dass der GT den perfekten Spagat zwischen Sportwagen und Alltagsmobil meistert.
Nun könnte man sich fragen, warum die Konkurrenz nicht auch auf die Idee gekommen ist, denn außer dem Porsche Cayman sind alltagstaugliche Mittelmotorsportler mit großem Kofferraumvolumen eine Rarität. Der Rest war dagegen stets bemüht, den Motor möglichst offenzulegen, damit jeder einmal hereinschauen kann. Ein Ego-Trip, an dem sich Marken wie McLaren und Porsche nie wirklich dran beteiligt haben.
4,70 Meter streckt sich der neue McLaren GT in die Länge. Dabei wurde der GT bewusst klassischer gestaltet. Seine Züge sind im Gegensatz zur schon fast aggressiven Front des 570s freundlich geraten. Kanten und Ecken verschwinden hier zu Gunsten einer klaren Linienführung. Ein Gesicht, welches einem im Rückspiegel freundlich zuzwinkert, bevor die 620 Pferde zur Attacke gerufen werden.
Damit positioniert sich der neue McLaren GT genau in der Mitte des momentanen McLaren Portfolios, genauer gesagt zwischen McLaren 600LT und McLaren 720S – jeweils grundehrliche Sportler der obersten Riege. Die DNA teilt er sich übrigens mit dem Hyper GT Speedtail, dem bis dato schnellsten Serien McLaren aller Zeiten.
Ganz so fix kommt der GT zwar nicht voran aber der 620 PS (456 kW) starke Vierliter-V8-BiTurbo hat leichtes Spiel mit den 1.530 Kilogramm Leergewicht. In 3,2 Sekunden sind 100 km/h erreicht, in 9,0 Sekunden 200 km/h und erst bei 326 km/h ist Schluss mit dem Vorwärtsdrang. Das brachiale Drehmoment von maximal 630 Nm wird über ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe blitzschnell auf die Hinterachse transferiert. Kann sich also durchaus sehen lassen.
Ein echter GT muss direkt das Gefühl übermitteln, das ihm keine Strecke zu weit ist und dabei trotzdem echter Komfort gegeben ist. Der McLaren GT tut dies mit Bravour. So sorgt die proaktive Dämpfungssteuerung (PDC) für eine erstaunlich hohe Belastbarkeit, wenn es auf der Straße dann doch etwas hoppeliger wird. Zwar kommt er nicht ganz an den Federungskomfort der Corvette C7 Stingray mit Magnetic Ride ran, aber es langt allemal, um nicht mit Rückenschaden aus dem Auto steigen zu müssen. Sollte es dann doch etwas heikel werden, lässt sich die Vorderachse via Lift-System nach oben pumpen.
Auch sonst überzeugt der McLaren GT mit seinem elegant, minimalistisch aufgebauten Innenraum. Die Integration der sauber abgestimmten Soundanlage von Bowers & Wilkins wurde so edel in Szene gesetzt dass man kaum aus dem Staunen herauskommt. Die Materialauswahl ist gelungen, die Haptik überzeugt. Einzig die Sitzsteuerung nervt wie schon bei allen andern McLaren zuvor mächtig. Auch ist es unverständlich warum McLaren immer noch so hartnäckig darauf beharrt sich Apple CarPlay und Google Auto zu verweigern. Denn von intuitiver Bedienung ist auch das neue, deutlich leistungsstärkere System weit entfernt. Immerhin ist die Bluetooth-Sprachverbindung besser geworden- angerufene Personen nehmen einen nun wesentlich besser wahr.
Das Highlight des McLaren GT ist natürlich die geballte Gesamt-Kofferraumkapazität von 570 Litern. Um dies zu erreichen musste man sich einiger Kniffe bedienen. Der Motor wurde ein wenig mehr in die Tiefe positioniert und die Abgasanlage neu angeordnet. Gepaart wurde dies mit einer schier endlosen, elektrischen Heckklappe die dann Platz für Golftaschen, Skier oder gar einen regulären Koffer offenbart. Letzteres haben wir selbst ausprobieren können.
Nachteil des Ganzen ist allerdings, dass dann die Übersicht leidet .Etwas, was McLaren sonst mit Bravour vermieden hat. Der McLaren 720S (Fahrbericht) gehört nach wie vor zu den übersichtlichsten Sportwagen, die auf dem Markt erhältlich sind. Aber auch ohne Gepäck ist es der neuen Kofferraumklappe beziehungsweise seinen Rahmen geschuldet, dass der GT an Übersicht eingebüßt hat was aber durch das Kamerasystem kompensiert wird.
Wie schon erwähnt, ist der McLaren GT sehr komfortabel geraten. Dennoch ist seine DNA durch und durch McLaren. Kurven liebt er nach wie vor und wenn er optional mit Carbon-Keramik-Bremsen ausgestattet ist, dann darf es auch gerne richtig giftig werden. Die Lenkpräzision hat nichts eingebüßt und das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, welches auch manuell über die Lenkradschaltwippen bedient werden kann, leistet eine saubere Arbeit. Nein- auch der McLaren GT ist durch und durch ein echter McLaren. Nur halt ein wenig mehr …. sagen wir mal metrosexuell.
Fazit: Mit dem neuen McLaren GT hat man in Woking wieder mal ein ganz besonderes Fahrzeug auf die Pneus gestellt. Das ist insofern erstaunlich, weil McLaren im Grunde genommen nur auf eine Grundplattform zurückgreifen kann, diese aber so intensiv ausreizt, dass tatsächlich viele fantastische, individuelle Modelle rauskommen die auf die jeweiligen Benutzer optimal zugeschnitten sind. Der McLaren GT gehört zu der Kategorie ich könnte, wenn ich wollte, aber warum sollte ich? Es geht ja auch entspannt.
Fanaticar Magazin | Fotos: @marioroman_pictures | Text: Mario-Roman Lambrecht