GTI – drei Buchstaben, die zumindest in meiner Jugend der feuchte Traum vieler Jugendlicher waren. Nicht nur wegen dem Kultfaktor, nein, weil der GTI mit ein wenig Fleiß oder viel Mami- und Papi-Gebettel durchaus erreichbar schien – im Gegensatz zu anderen Straßensportlern. Und so schuf Volkswagen mit dem GTI ein Stück automobile Geschichte mit einer treuen Fangemeinde. In der Gegenwart angekommen, reiht sich nach dem GTI und dem GTD nun ein drittes Mitglied in die sportliche ambitionierte Hot-Hatch-Reihe des Golf ein: der GTE.
Wie schaut er aus?
Ja gut, hier gibt es nicht viel zu schreiben. Ist ein Golf, war ein Golf, bleibt ein Golf. Die Kunst des Golf-Designs war es schon immer, nicht zu polarisieren. Schick schaut er aus, aber Otto-Normal-Verbraucher wird wahrscheinlich beim Grundpreis von 36.500 Euro ein wenig die Nase rümpfen.
Denn der GTE hat hierzulande ein Problem. Trotz ordentlicher Serienausstattung (Sportsitze im GTI-Stil mit blau-kariertem Design, Multifunktionssportlenkrad, Dachhimmel und Seitenverkleidungen in schwarz, blaue Ambientebeleuchtung, Pedalkappen aus Edelstahl, zahlreiche blaue Kontrastnähte, High-End-Infotainmentsystem Composition Media mit 6,5-Zoll-Display) werden Hybrid- und Elektroflitzer in Deutschland leider immer noch nicht gefördert.
Andere Länder wie Schweden, die Niederlande oder Dänemark sind da in ihrem Denken schon deutlich weiter voraus. Das verärgert, schließlich verlangen die Politiker immer mehr grünes Denken bei den Autoherstellern. Doch Entwicklung und Forschung waren noch nie günstig, dementsprechend müssen die Hersteller – zumindest in Deutschland – diese Last mit voller Wucht auf den Käufer ablassen. Nee, nee, liebes Deutschland, so wird das nichts.
Man merkt, dass Volkswagen sehr viel Fleiß in den Hybrid GTI gesteckt hat. Unter der Haube arbeiten gleich zwei Motoren: ein 1,4 Liter TSI Benziner mit 110 kW/150 PS und ein Elektromotor mit bis zu 75 kW/102 PS. Damit kommt der GTE auf eine Systemgesamtleistung von 150 kW/204 PS und ein maximales Drehmoment von bis zu 350 Nm auf der Vorderachse.
Nach 7,6 Sekunden steht die Tachonadel auf Tempo 100 km/h, Schluss ist erst bei 222 km/h. Und diese ganze Power soll sich mit einem Verbrauch von nur 1,5 Liter auf 100 km bewerkstelligen lassen. Das wollten wir doch mal lieber selbst überprüfen.
Doch die Kraft der zwei Herzen braucht vor allem eins: Energie. Verbrennungsmotorentechnisch ist dieses Problem schnell beseitigt. Will man jedoch wirklich die volle Effizienz des GTE in Anspruch nehmen, kommt man auch nicht an einer Aufladung an der Steckdose vorbei, um die Batterien zu füllen. Das dauert im Normalfall drei Stunden und 45 Minuten, via Wallbox oder öffentlicher Ladestation verringert sich die Ladedauer auf zwei Stunden und 15 Minuten.
Schon das Betätigen der Start-Taste verwirrt. Kein Ton, kein Brummen, denn zu diesem Zeitpunkt arbeitet nur der Elektromotor. Gang einlegen, und los geht es. Den E-Mode aktiviert, lassen wir den GTE komplett emissionsfrei auf Zürich los. Und das bringt richtig Spaß, denn der Motor bringt sofort die komplette Leistung auf die Straße.
Schnell stellt sich die Frage, sind 50 km Reichweite nicht zu wenig, um sich im Alltag fortzubewegen?
Ein klares Nein. Die meisten Pendler liegen genau in diesem Bereich, und wenn sich am Arbeitsplatz eine entsprechende Ladestation befindet, dann ist es durchaus machbar, den GTE komplett emissionsfrei durch den Tag zu bewegen. Im reinen E-Mode liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 130 km/h. Das reicht vollkommen aus.
Geht es aus der Stadt raus, empfiehlt es sich, den GTE-Modus zu aktivieren, um die Batterie ein wenig zu schonen. Jetzt arbeiten der Benziner und der E-Motor im Team und unterstützen sich gegenseitig beim Sparen. Ein ganzer Tag mit dem GTE, vorwiegend im Stadt- und Nahverkehr, brachte den Verbrauch auf einen Wert von gerade mal 4,3 Litern.
Doch der GTE ist ja nicht nur ein reiner Stadtflitzer, er wurde auch als Langstreckenauto konzipiert. Also entscheiden wir uns am nächsten Tag, auf die vorgeschlagenen stadtnahen Routen von VW zu verzichten, und fahren auf eigene Faust in Richtung Gotthardpass. Der GTE liegt auf der 130 km langen Strecke satt, aber komfortabel auf der Straße.
Als wir von der Autobahn abfahren, blicke ich enttäuscht in Richtung Batteriepower. Gerade mal 2 km Reichweite hat sie noch zu bieten, trotz Battery-Hold-Modus im Hybrid-Betrieb. Wir erreichen die alte Pass-Straße. Mit ihren vielen Kurven und Windungen ist sie ein ideales Wohlfühlgebiet für den GTI.
Doch kann der GTE auch Kurven?
Er kann. Zwar nicht so ausgewogen balanciert und direkt wie es Papa vormacht, aber wer sich an die Ideallinie hält, kann den GTE durchaus flott antreiben. Das Fahrwerk ist jedoch spürbar auf Sicherheit ausgelegt, und einen ESP-Sport-Modus sucht man auch vergebens. Verpasst man also die Linie, kommt es schnell zum Schieben über die Vorderachse.
Zum Glück ist der alte Pass frei, weshalb wir vorwiegend die gute Linie fahren können. Mit letzter Kraft bekommen wir noch ein Stück Hybrid-Power verpasst, ärgern sogar noch einen alten Boxster-Fahrer, der sich zwar einigermaßen flott in den Kurven behaupten konnte, auf der Geraden aber dank des satten und quasi permanent anstehenden Drehmoments von 350 Nm nicht den Hauch einer Chance hatte, zu entkommen. Ein verärgertes Gesicht im Rückspiegel des Fahrers und ein lachendes im Rückspiegel der Beifahrerin sind das Endresultat.
Die Zeit rast. Ein paar Fotos später müssen wir auch schon wieder zurück. Nach weiteren 130 km und einer Gesamtkilometerleistung von 450 km kommen wir auf einen durchschnittlichen Endverbrauch von 6,4 Litern auf 100 km – ein Verbrauch, den ich im Alltag auch problemlos im normalen GTI mit DSG bewerkstellige. Die kurze Auf- und Abfahrt am Gotthardpass hat ihren Tribut gefordert, und nachdem die Batterie kurzfristig dem Ende nah war, konnte der GTE natürlich nicht seine Effizienz-Muskeln spielen lassen. Dennoch ein mehr als beachtlicher Wert für ein Auto der 200-PS-Klasse.
Fazit:
Der GTE ist ein interessanter Blick in die Zukunft. Ein voll alltagstaugliches Gefährt mit der Kraft der zwei Herzen. Der Wolfsburger ist besonders für diejenigen interessant, die sich vorwiegend im urbanen Raum bewegen, denn genau da funktioniert das Zusammenspiel der Motoren besonders gut. Fahrdynamisch ist der GTE eher ein Komfortgänger, für den sportlichen Part ist dann doch wieder das Original GTI zuständig.
Alles in allem zeigt der GTE sehr deutlich, dass Sportlichkeit und Effizienz durchaus Hand in Hand gehen können. Und da sich die Elektrobranche quasi noch in den Kinderschuhen befindet, dürfen wir uns noch auf viele interessante E-Kreationen gefasst machen. Lexus/Toyota sollten langsam zittern, denn das Monopol in Sachen Hybrid bekommt erste Risse, und VW hat mit dem GTE nicht unbedingt wenig damit zu tun.
Credits:
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
Model: Inessa Goll