Auch in seiner Neuinterpretation präsentiert sich der Land Rover Defender als echter Abenteurer. Wir haben ihn uns mit als 110 mit bärenstarken D300 Diesel gegönnt.

Vor langer Zeit gab es mal eine Autogattung namens Geländewagen. Man waren die cool. Heute sind die meisten dieser Legenden nicht mehr auf dem hiesigen Markt zugegen oder werden maximal von der Eisdiele bis zur Shisha-Bar beförd…. nein sorry – missbraucht. Doch ein paar Big Boys der alten Schule gibt es noch. Der eine heißt Wrangler und der andere Defender. Letzterer kommt zwar im komplett neuen Gewand daher und zeigt doch das seine Seele dem Gelände gehört.

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Was haben sie alle gejammert, die Defender Fans der ersten Stunde. Dabei hat Land Rover dem ersten, mit 70 Jahren mittlerweile echt in die Jahre gekommenen Defender einen mehr als ehrwürdigen Abschluss spendiert. Anders ging es nicht. Denn nur so konnten die Briten den Defender neu erfinden und so ganz nebenbei die Gewährleistungen bei Crashtests und Emissionsaustößen gewährleisten. Und da war das alte Konzept, so kultig es auch war, einfach ausgereizt.

Und was soll man sagen? Es hat sich gelohnt! Der neue Defender wirkt mindestens genauso selbstbewusst wie der Vorgänger. Als 110 knackt er problemlos die Außenlänge von fünf Metern, streckt sich bis zu 1,97 Meter in die Höhe und beweist mit einer Breite von 2,10 Metern, dass er alles ist, nur kein urbaner Parkhausfreund. Will er ja auch nicht. Während die Kundschaft der neue Mercedes-Benz G-Klasse sich primär im Sehen und gesehen werden übt, hat man mit dem Land Rover einen echten Allrounder

2021 Land Rover Defender D300 (2021) | Fanaticar Magazin / MarioRoman Pictures

Da hätten wir zunächst die Basis wie bei unserem Testwagen. Er verzichtet bis auf die doch recht imposanten schwarzen 22-Zoll-Walzen auf jeglichen Schnickschnack und ist der Typ Pferdeflüsterer. Diese schleppt er auch problemlos paarweise samt Zubehör hinter sich her. Die Anhängelast von bis zu 3.500 Kilogramm beim D300 spricht für sich und zusätzlich gibt es ja noch bis zu 2.277 Liter an Ladevolumen mit umgelegter Rückbank. Ist die umgeklappt hat man schon fast das Gefühl in einer Kapelle zu sitzen, so viel Platz ist hier vorhanden. Optional verfügbar ist auch eine dritte Rückbank.

Ausgehend von dieser Basis, die übrigens auch in einer kürzeren 90 Variante verfügbar ist, lässt Land Rover dem Kunden schon ab Werk viel Freiheiten über ihr Wunschmodell. Vom besagten Pferdeflüsterer bis hin zum rabiaten Offroader mit Hard-Top und Dachzelt lässt der Konfigurationskatalog kaum eine Möglichkeit aus Individualisten glücklich zu machen.

7 Sekunden 0 auf 100 km/h können sich sehen lassen

Unter der Haube unseres Testers gibt es aufgeladene Sechszylinder-Power gepaart mit drei Litern Hubraum. 300 PS (220 PS) und ein maximales Drehmoment von 650 Nm lassen das Leergewicht von 2,4 Tonnen vergessen und sorgen für einen 7 Sekunden Sprint von 0 auf 100 km/h. Erst bei Tempo 191 km/h wird der Physik-Beugung ein Ende gesetzt. Werte, die man in der ersten Defender Generation nicht mal ansatzweise ausprobieren mochte.

2021 Land Rover Defender D300 (2021) | Fanaticar Magazin / MarioRoman Pictures

Beim Neuen fühlt man sich zu keiner Sekunde unwohl. Das Fahrwerk, in unserem Fall adaptiv, dämpft hervorragend ab und ermöglicht einen hervorragenden Geradeauslauf. Er ist perfekt darauf abgestimmt hunderte von Kilometern abzuspulen ohne dabei der Bandscheibe Lebewohl sagen zu müssen. Tatsächlich kann man ihm sogar eine durchaus beachtliche Querdynamik bescheinigen, zwar mit Grenzen, aber dennoch erstaunlich für ein Fahrzeug dieser enormen Größe.

Das Allradsystem agiert dabei intelligent im Hintergrund, sorgt immer für eine optimale Traktion. Über eine Vielzahl von Fahrprogrammen (Terrain Response) werden Elektronik, Differenziale, Höhe und Dämpfung angepasst und auf die jeweilige Fahrumgebung abstimmt. Selbst mit der Straßenbereifung war der Defender so in der Lage sich auf losen Sand und leichtem Gelände problemlos fortzubewegen.

Das volle Potenzial des Defender wird aber natürlich erst jenseits des Asphalts mit der richtigen Bereifung offenbart. Und ganz ehrlich gesagt wollte ich nicht die schicken, in Hochglanz schwarz lackierten, 22 Zoll Felgen aufs Spiel setzen, die im Konfigurator immerhin mit satten 2885,00 Euro angegeben sind.

2021 Land Rover Defender D300 (2021) | Fanaticar Magazin / MarioRoman Pictures

Schon ohne externe Aufrüstung streckt sich der Defender mit dem adaptiven Fahrwerk im Offroad-Modus hoch bis auf eine Bodenhöhe von 291 Millimeter. Untypisch ist dabei der Verzicht auf Leiterrahmen und Starrachsen. Die maximale Watttiefe wird mit 900 Millimeter angegeben – damit kann schon mal die eine oder andere Flussüberquerung wagen.

Bei den Böschungswinkeln kann der neue Defender nicht ganz mit dem alten mithalten, aber dennoch sind 38 Grad vorne und 40 Grad hinten mehr als beachtlich und dürften in den meisten Situationen genügen. Schräg kann er bis zu 45 Grad bergauf schnurrt er bis zu 110 Grad gemütlich weg. Die meisten Stadtmenschen machen sich wahrscheinlich schon lange vorher in die Hosen.

Wird es dann doch etwas anspruchsvoller, gibts eine niedrigere Übersetzung, die aus dem Motor feinfühlig mit ordentlich Kraft versorgt. Verschiedene Sperrdifferentiale vorne in der Mitte und hinten (optional) helfen nochmals bei Offroad-Ausflug. Wirklich genial ist zudem die simulierte unsichtbare Motorhaube, die auf dem Display gezeigt wird. Somit wird es etwas gemütlich, denn regulär ist es Gesetz vor jeder Steigung auszusteigen um zu schauen, was einem dahinter erwartet. Man könnte aber auch sagen, das nimmt ein wenig den analogen Charme. Allen recht machen kann man es sowieso nicht. Fakt ist – auch mit der neue Defender hat keine Probleme damit sich schmutzig zu machen.

2021 Land Rover Defender D300 (2021) | Fanaticar Magazin / MarioRoman Pictures

Auch wenn der D300 sich als Musterknabe bewährt hat – es stehen auch noch andere Motoren zur Auswahl. Angefangen beim 200 PS/147 kW starken D200 bis hin zum herrlich unvernünftigen, 525 PS starken-Fünfliter-V8 im P525 ist alles dabei. Sogar an eine Plug-In-Hybrid-Variante mit einer elektrischen Reichweite von bis zu 53 Kilometer wurde gedacht. Der Elektromotor arbeitet hier mit einem Zweiliter-Turbo-Vierzylinder zusammen und kommt im Teamwork auf 404 PS/297 kW).

Mal abgesehen davon, dass es noch optional genug Möglichkeiten gibt, den Defender nochmals perfekt zu individualisieren, glänzt er schon ab Werk mit hervorragender Technik, einem extremen Langstreckenkomfort und natürlich einer extremen Affinität zu allem, was jenseits des Asphalts lauert.

Ich persönlich feiere den Defender extrem, frage mich jedoch, ob ich tatsächlich alleine mit einem so hochtechnischen Auto irgendwo ins tiefste Afrika möchte. Denn im Fall der Fälle kann der Dorf-Mechaniker hier nicht mal kurz Hand anlegen. Aber einer Offroad-Ikone wie dem Defender – ob nun alt oder neu – darf man in der Hinsicht einen gewissen Vorschuss an Vertrauen schenken. Seine DNA ist nun mal nur auf eins gestimmt – ein Abenteurer zu sein.

Fanaticar Magazin | Fotos: MarioRoman Pictures