5.000… Warte…6.000…Warte….7.000…. Warte… 8.000 – Klack! Dritter Gang bei knapp 140 Sachen. Das Adrenalin in dir frohlockt, er lässt dir keine Ruhe. Da – Kurve! Hart anbremsen, runterschalten, Zwischengas, Scheitelpunkt und wieder durchdrücken. Er schreit, er wedelt, er frohlockt. Schnell wird klar-der Porsche 718 Spyder ist niemand, der dich behutsam umsorgt. Alle Verantwortung liegt bei dir – und das tut so gut!
Schon der erste Blick auf die Optik macht klar – das hier ist kein normaler Boxster mehr, das ist ein Spyder! Offen wie geschlossen schaut der Schwabe zum Anbeißen aus, was der besonderen Stoffdacharchitektur geschuldet ist. Die wiederum bringt einem den einen oder anderen Fluch von den Lippen, wenn es um das doch recht nervige Verstauen von ebendiesem Verdeck geht. Ist die Flucherrei beendet, erwartet einen eine besonders sportlich Silhouette, die von den zwei ins Heck auslaufenden Höckern dominiert wird.
Im Alltag profitiert der 718 Spyder von den kompakten Maßen des Boxster, verliert allerdings gewaltig an Übersicht aufgrund der Höcker im Heck. Der Schulterblick geht hier direkt aufs Blech. Wer seinen Spyder liebt, sollte unbedingt bei den hinteren Parksensoren inklusive Rückfahrkamera ein Kreuz machen.
Ja. Die manuelle Schalterei ist langsam nur noch ein Relikt vergangener Tage, die immer mehr an Reiz verliert. Und ja-im urbanen Stadtverkehr hat man an ihr keinen Spaß mehr. Dafür missbraucht man aber einen 718 Spyder nicht. Er kommt zum Einsatz, wenn die Sonne sich voll entfaltet und der Asphalt den Pneus besten Grip offenbart. Dann erst setzt man sich in die famosen Carbon-Schalen-Sitze, dreht den Schlüssel link vom Lenkrad um und setzt sich in Bewegung. Das Ziel? Alles, was sich windet! Landstraßen , Gebirge, Rennstrecken. Längsdynamik hat hier definitiv keine Priorität!
Natürlich schiebt der 718 Spyder mit einer absoluten Leichtigkeit nach vorne. 4,4 Sekunden und Tempo 100 ist geknackt. Wer offen Vmax 301 geht, sollte vorher die Festigkeit seiner Haarwurzeln überprüfen. Ein Boxster geht offiziell über die 300 Marke. … Wahnsinn!
Aber wie zuvor erwähnt – geradeaus kann jeder. Und wer den 718 Spyder nur dafür missbraucht, wird nie erfahren, wie glücklich es einen machen kann, wenn sechs Boxer-Zylinder im Heck um Anerkennung bellen und wie erquickend es ist, sich frei von Zwangsbeatmung in der Leistung analog nach oben zu fühlen. Jeder Tausender mehr in der Drehzahl macht den Zuffenhausener unvernünftiger, jenseits der 5.000 fühlt er sich sichtlich wohl, ist dafür aber auch deutlich lebendiger in seiner Fahrdynamik.
Soll heißen, ist das ESP samt TC erst einmal deaktiviert, profitiert der Fahrer noch lange von der perfekten Auslegung des trotzdem noch alltagstauglichen Fahrwerks. Wer es aber darauf anlegt, wird im Mittelmotorsportler schnell einen Gegner oder einen Freund fürs Leben finden. So schnell er dann auch ausbrechen kann, so locker lässt er sich gleichsam gerne wieder einfangen.
Das ist unter anderem der analogen, extrem präzisen Lenkung zu verdanken, die das für ein grandioses Feedback sorgt, aber auch den Michelin Pilot Sport Cup 2, die- einmal auf richtige Temperatur gebracht – den Spyder tatkräftig mit Grip unterstützen. . Wer also den mindestens 92.187,00 Euro teuren 718 Spyder in seiner Garage beherbergen möchte, sollte sich darüber bewusst sein, dass es sich ganz und gar um einen unartigen Sportwagen handelt. Den Engel täuscht er nur unterhalb der 5.000 vor.
Fazit: Was für ein Auto, was für ein Erlebnis. Der Sechszylinder-Boxer hat sich im 718 Spyder eindrucksvoll zurückgemeldet und darf gänzlich frei atmen. Der Fahrspaß ist auch in den kleineren Vier-Zylinder-Boxer-Varianten vorhanden, aber dieser Motor geht einfach eine ganz andere Symbiose mit dem Boxster ein. Es ist das perfekte Dreamteam. Der perfekte Schwiegersohn mit der unartigen Seele!
Fanaticar Magazin | Text: Mario-Roman Lambrecht | Fotos: marioroman pictures