Passt auf, Freunde der Nacht- es liegt was in der Luft. Grelle Blitze ziehen auf- kreischende Fanfaren aus zehn Zylindern lassen die Nackenhaare in Sekundenschnelle senkrecht stehen. Ein kleiner Augenblinzler zu viel und –wroaaamm- schon zieht der orange Blitz vorbei. Was bleibt ist ein kräftiger Hauch statisch aufgeladener Luft. Ein einsamer Rächer? Nein- dieser hier will nur spielen.
Sein Name lässt Männerherzen höherschlagen – Lamborghini Gallardo Superleggera LP 570-4. Unbedeutend zu erwähnen, dass der Stier in der Zeit, in der sein Name vollständig ausgesprochen wurde, die 100 km/h längst erreicht hat. Die sind nämlich in 3,4 Sekunden erreicht und wenn wir schon dabei sind; 6,8 Sekunden später wird die 200er Marke torpediert. Dafür sorgen die 570 (419 kW) Pferde im Heck des 5,2 Liter großen Zehnzylinders. Wer dann noch bei einem Drehmoment von 540 Newtonmeter und einem Top Speed von 325 km/h mithalten kann, darf sich wahrlich glücklich schätzen- Spielgefährten sind in dieser Liga wahrlich selten zu finden.
Atemberaubendes Design
Schon die breit in V-Form designte Front mit den großen Lufteinlässen und den kantigen LED-geschmückten Frontleuchten geben dem Superleggera ein diabolisches Antlitz. Auf der Seite flankiert selbstbewusst der Superleggera Schriftzug mitsamt italienischer Farbabstimmung. Hinter den leichten 19-Zöllern gibt sich die Keramikbremsanlage die Ehre. Ein beherzter Druck auf das Bremspedal und schon wird der Asphalt gnadenlos mit einem harten Widerhaken geschreddert.
Das Heck gibt mit seinen vier pechschwarzen Endrohren, dem Diffusor und dem „dezenten“ Heckspoiler aus Kohlefaser einen lässigen Abgang. Und zwar diese Art von Abgang, die wohl die meisten Betrachter dieses Automobils zu sehen bekommen. Keine Frage, dies wäre der ideale Weggefährte vom Joker, denn für solche Toys wäre Batman einfach zu humorlos – der greift lieber gleich zum Aventador.
Leichtbau & Cockpit
Die Italiener sind stolz auf ihren Leichtbau. Schon seit den Achtzigern sammelte Lamborghini mit dem legendären Countach erste Erfahrungen mit Leichtbaustoffen und machte sie zu Spezialisten der Gegenwart. So bringt schon der normale Gallardo LP 560-4 nur 1410 Kilo auf die Waage. Beim Supperleggera wurden nochmals 70 Kilo abgespeckt, 40 davon allein nur durch intelligenten Einsatz von Kohlefaser. Unter anderem wurde die lange Motorhaube aus Kohlefaser gefertigt und gewährt über eine Polykarbonat Scheibe den Blick auf das prachtvolle V10 Aggregat. Auch an dem Heckflügel, den Schwellerleisten, dem Diffusor, Teilen der Unterbodenverkleidung und den Außenspiegeln kam ebenfalls reichlich Kohlefaser zum Einsatz.
Im ziemlich beengten Innenraum wurden die Tüverkleidungen, die Sportsitze und der Mitteltunnel durch Elemente aus Carbon ersetzt. Zusätzlich wurden das komplette Cockpit und die Sportsitze mit leichtem Alcantara statt Leder bezogen. Insgesamt wurde das Innere des Gallardo schwarz gehalten mit Ausnahme der Kontrastnähte, bevorzugt in der Wagenfarbe. Im Endergebnis bedeutet das ein sensationelles Leistungsgewicht von nur 2,35 kg pro PS. Das Gewichtsreduzierung nicht gleich Verzicht bedeutet, zeigen die serienmäßige Klima und Soundanlage. Auf Wunsch wird aber auch darauf verzichtet um das Gewicht weiter runter zu drücken.
Seriös? „ICH BIN EIN LAMBORGHINI!!! SCHAUT MICH AN!“ Umso belustigender kommt es dann rüber, wenn manch einer meint, er würde eine dezentere Farbe wählen um weniger aufzufallen. Lasst es euch gesagt sein: Dieses Auto wird immer auffallen, dafür ist er da.
Besonders in einer Großstadt wie Hamburg ist dieses Gefährt ein polarisierender Fleck in der Masse. Passanten, ob jung oder alt, bestaunen das Sportgerät, mal mehr Mal weniger aufdringlich. Auf den Straßen ist emsiges Mitdenken angesagt, denn manch ein anderer Autofahrer vergisst neben dem gaffen und fleißigen Videoaufnehmen glatt die Verkehrsregeln und schlängelt vor sich hin. Auch auf der berühmten Hamburger Reeperbahn ist man vor Klischees nicht gefeit. In regelmäßigen Abständen reißen die patrolienfahrenden Luden ihre Köpfe in Richtung des nur 1,17m hohen Superleggera, um eventuell einen Kollegen begrüßen zu können.
Doch mal abgesehen davon schnaubt der Gallardo beleidigt vor sich hin, wenn er nur für den schnöden Rush Hour Verkehr missbraucht wird. Also raus aus der Masse und ab auf das Heiligtum der deutschen Kultur: die Autobahn. Das runde Verkehrsschild mit den drei grauen Schrägstrichen lässt fröhlich verkünden: FEUER FREI!!! Die Drehzahlnadel tanz fröhlich gen 8.000 ehe geschaltet wird. Der Motor im Heck knurrt, die Fanfaren im Heck brüllen- so muss das sein. Dieser Wagen wäre der Traum eines jeden drängelnden Vertreter Fahrers, denn bei diesem Geschoss geht wirklich jeder artig beiseite um den dringend benötigten Freilauf nicht zu unterbrechen. Der Vortrieb endet erst bei Tacho 350, was wohl in etwa den echten 325 km/h entsprechen sollte. Bei diesem Tempo ist es dann aber auch vorbei mit dem angegebenen Durchschnittsverbrauch von 13,5 Litern. Wer rasant fährt, kommt keine 300 km weit bevor der 90 Liter Tank um Nachschub bettelt. Wer er es nicht ganz so eilig hat, schafft relativ problemlos 450-600 km mit einem Tank.
Die Lieblingsdisziplin des Superleggera: Kurven. Um es mal in den Worten alter Batman Filme zu sagen. Zack! Pfeilschnell geht es voran. Bumm! Jeder Gangwechsel trainiert die Nackenmusukulaltur. Zisch! Präzise und mit viel Rückmeldung geht es in die Kurve! Wroomm! Heraus beschleunigen at his best. Auch ohne den Joker am Steuer lassen sich exzessive Fröhlichkeitsbekundungen nicht abweisen. Wer es ohne das sehr gut abgestimmte Sport ESP versucht, kann sich aber leicht die Finger verbrennen – Allrad bedeutet hier nicht gleich Narrenfreiheit. Doch hat man den Dreh raus, lässt sich der Superleggera wunderbar quer um die Kurven preschen.
Fazit: Zack! Bumm! Dieses Auto rebelliert gegen alles was sich ihm in den Weg stellt. Pfeilschnell und präzise geht es ums Eck und verzeiht so manchen Fahrfehler durch das gut ausbalancierte Allradsystem. Doch auch im Alltag bewährte sich der Superleggera problemlos und ließ sich entspannt durch die City bewegen. Dazu bei trug auch das Lift System, das in jedem Sportwagen Serie sein sollte. Ein zahmer Stier auf dem Asphalt also – zum Glück haben wir ja noch die Corsa Taste und lassen bis zur Abgabe den Bullen tanzen.
Text: Mario-Roman Lambrecht
Fotos: marioroman pictures
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